Gustav Kraus: Die Festzüge 1835 und 1842

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In Zusammenarbeit mit dem Münchner Stadtmuseum präsentiert die Bayerische Landesbibliothek Online (BLO) zwei zentrale Zyklen aus dem Werk des Künstlers und Lithographen Gustav Kraus, die dieser von den Oktoberfest-Festzügen 1835 und 1842 schuf.

Gustav Kraus: Leben und Werk

Gustav Kraus wurde am 30. August 1804 in Passau geboren. Dort war sein Vater, der gebürtige Rothenburger Heinrich Wilhelm Kraus, zu jener Zeit als Offizier stationiert. Auch seine Mutter, Dorothea Juliane Kraus, geborene Roth, stammte aus Rothenburg ob der Tauber. Gustav Kraus wurde, obwohl Kind evangelischer Eltern, katholisch getauft, weil auf die Schnelle kein protestantischer Geistlicher gefunden werden konnte. Seine Geschwister waren Friedrich Wilhelm Kraus (geb. 1807), der 1835 in Griechenland als Hauptmann von Räubern ermordet wurde, und Friederika Christina Kraus (geb. 1812), die später einen Handwerker in Wien heiratete.

1812 wurde der Vater nach Donauwörth versetzt, wo er 1815 überraschend verstarb. Die Mutter kehrte daraufhin mit den Kindern nach Rothenburg zurück, erlag dort aber kaum zwei Jahre später einem Nervenfieber.

Bereits als Jugendlicher scheint sich Gustav Kraus im Zeichnen von Ortsansichten geübt zu haben. Mehrere Ansichten von Rothenburg, Nürnberg und anderen Orten aus der Zeit 1820-1824 sind erhalten. Ein Blatt von 1823 signierte Kraus als "Buchbinder Gesell", was neben starken Anlehnungen an bestimmbare Vorbilder (z. B. Kupferstiche von Rothenburg, die Johann Friedrich Schmidt 1761/62 publizierte) darauf schließen lässt, dass seine künstlerische Ausbildung zunächst autodidaktisch erfolgte.

1824 zog Kraus nach München um und trat in die Akademie der Bildenden Künste, wahrscheinlich in die bis zu ihrer Schließung 1826 von Wilhelm von Kobell (1766-1853) geleitete Landschaftsklasse, ein. Ebenfalls 1824 wurde er Mitglied des Münchener Kunstvereins, wo er bis zu seinem Austritt im Jahre 1834 auch an den jährlichen Ausstellungen teilnahm. Die zeitgenössische Kunstkritik nahm Kraus dabei schon damals kaum wahr.

Die 1796/1798 durch Alois Senefelder (1771-1834) entwickelte Lithographie (Steindruck) wurde von Anfang an das bevorzugte künstlerische Medium von Gustav Kraus. Die besonders in München beheimatete Lithographie bot zahlreiche Vorteile, darunter die schnelle Erstellung des Drucksteins und die Möglichkeit hoher Auflagen, da bei sachgemäßer Behandlung ein Druckstein zeitlich nahezu unbegrenzt verwendet werden kann. Als 1825 Kraus’ erste Steindrucke erschienen, beherrschte er die Technik bereits virtuos. Dabei bediente er sich (bis auf zwei Ausnahmen von 1848) durchgehend der damals moderneren Kreidelithographie, die besonders weiche und fließende Übergänge und Tonwerte erlaubt.

In den nächsten Jahren und Jahrzehnten entstand in rascher Folge das graphische Werk von Gustav Kraus. Er gehörte nicht der offiziellen Münchner Kunstszene an, sondern war als Lithograph ein Gebrauchskünstler. Eugen Roth (1895-1976) bezeichnet ihn treffend als "Bildberichterstatter der Biedermeierzeit". Entsprechend waren die Motive seiner Blätter vom Geschmack des Publikums, das großteils der städtischen Mittelschicht angehörte, abhängig. Ansichten aller Art - Stadtansichten, Landschaften, "moderne" Baukunst und "alte" Sehenswürdigkeiten - finden sich ebenso wie Zeitbilder zu historischen und aktuellen Ereignissen. Kraus zeichnete und lithographierte die Sendlinger Bauernschlacht von 1705 genauso wie Ereignisse aus den Napoleonischen Kriegen, Trauerfeierlichkeiten, Prozessionen, Einzüge auswärtiger Fürsten, Denkmalseinweihungen, Fahnenweihen, Paraden oder die Ereignisse der Unruhen 1848. Dazu kommen Porträts der Wittelsbacher und anderer Fürsten sowie Abbildungen verschiedener Uniformen.

Viele Blätter entstanden zunächst für örtliche Verleger wie Adolph von Schaden (1791-1840), der sie in Publikationen "Münchner Vergißmeinnicht" (1835), "Alpenröslein" (1836), "Alpenblumen" (1837) oder "Souvenir de Munich" (um 1839) verwendete, die sich an den beginnenden Tourismus in München und Bayern richteten. Fast alle Darstellungen wurden auch einzeln - koloriert oder unkoloriert - verkauft. Sie dürften bei vielen Münchner Familien zwischen 1830 und 1850 als Wandschmuck gedient haben.

1836 kaufte Kraus ein Anwesen in der Maxvorstadt (Löwenstraße 19, heute Schellingstraße 26). Dort richtete er neben seiner Wohnung auch eine Werkstatt und einen kleinen Verlag ein. Von nun an veröffentlichte er die meisten seiner Werke selbst. Im selben Jahr erwarb er auch das Münchener Bürgerrecht (20. September). Zwei Tage später wurde ihm ein Sohn geboren, der jedoch bereits am 18. Dezember desselben Jahres an der Cholera verstarb. Am 18. Oktober 1836 heiratete Kraus die Mutter dieses Kindes, die damals 22jährige Maria Anna Kunigunda Wanner. Das Ehepaar lebte aber nur zeitweise zusammen.

Zahlreiche Reisen durch Bayern und darüber hinaus lieferten Material für Landschaftsbilder und Stadtveduten ebenso wie für Militärmanöver und andere Ereignisse. Daneben griff Gustav Kraus auch auf Zeichnungen oder Gemälde anderer Künstler zurück, sei es, dass er als Auftragsarbeit lediglich die Lithographie erstellte, oder dass er, wie bei zahlreichen Darstellungen aus dem Griechenlandzug König Ottos (1815-1867; König von 1832-1862) nicht selbst mitgereist war. Zeichnen sich Werke der ersten Art durch eine besonders genaue Übertragung der Vorbilder aus, beweist Kraus bei letzteren einen meisterhaften Umgang in der freien Kombination von Komposition und Staffage.

Kunsthistorisch betrachtet gehören die Lithographien von Gustav Kraus zu den qualitätvollsten Werken ihrer Zeit. Er brillierte dabei sowohl in der Genauigkeit der Einzelheiten als auch in der Komposition seiner Darstellungen. Technisch reizte er die Möglichkeiten der Lithographie bis an ihre Grenzen aus, was die Feinheit von Strichführung und Schattierungen angeht. Auch jene Altkolorierungen, die von Kraus oder aus seiner Werkstatt stammen, sind von besonderer Feinheit.

Seine letzten bekannten Werke behandeln die Enthüllung der Bavaria am 9. Oktober 1850 und zeigen Theresienwiese, Bavaria und Ruhmeshalle nach Vollendung des Ensembles. Gustav Kraus starb am 15. November 1852 nach längerer Krankheit.

Obwohl sich auf seinen Lithographien mehrfach Staffagefiguren von Künstlern finden, die für Kraus selbst stehen dürften, ist bis heute kein Porträt des Künstlers bekannt geworden.

Gustav Kraus in den Sammlungen des Münchner Stadtmuseums

Der 1977 veröffentlichte Katalog der Werke von Gustav Kraus verzeichnet 665 Zeichnungen, Aquarelle und Lithographien. Während sich von den meisten Lithographien zahlreiche Exemplare in verschiedenen öffentlichen und privaten Sammlungen erhalten haben, sind Aquarelle und Zeichnungen als Unika nur teilweise öffentlich zugängig und befinden sich vielfach in Privatbesitz.

Das Münchner Stadtmuseum besitzt den größten Bestand an Werken von Gustav Kraus . Vor allem in den beiden Sammlungen des Kunsthändlers Joseph Maillinger (1831-1884), die 1879 bzw. 1889 an die Stadt München kamen, finden sich zahlreiche Blätter des Künstlers. Weitere Werke kamen über die Sammlungen von Franz Xaver Zettler (1841-1916) und Carlo Proebst (1887-1970) sowie über kleinere Ankäufe und Schenkungen in den Besitz des Stadtmuseums. Gemeinsam decken diese Komplexe das druckgraphische Œuvre von Gustav Kraus nahezu lückenlos ab und ergänzen es durch eine ansehnliche Auswahl an Zeichnungen und vereinzelten Aquarellen.

Literatur (in Auswahl)

  • Bayerische Vereinsbank [Hrsg.], Festzug zur Feier der Jubelehe des Königs Ludwig und der Königin Therese zu München am 4. Oktober 1835. Mit Beiträgen von Elfi M. Haller, Hermann-Joseph Busley, Christine Pressler, München 1983.
  • Karl Birkmeyer, Gustav Wilhelm Kraus. Maler und Lithograph. in: Oberbayerisches Archiv 90 (1968), S. 114–127.
  • Brigitte Huber, München feiert. Der Festzug als Phänomen und Medium, Neustadt an der Aisch 2009.
  • Christine Pressler, Gustav Kraus 1804 - 1852. Monographie und kritischer Katalog (Studia Artis Monacensia 2), München 1977.

Der Festzug von 1835

Gustav Wilhelm Kraus
Festzug zur Feyer der Jubel Ehe I.I.M.M. des Königs Ludwig und der Königin Therese zu München am 4ten October 1835.
24 Blatt kolorierte Lithographien (beschnitten) mit Titelblatt und Beschreibung (2 Seiten)
Verlag J. C. Hochwind
Format je ca. 31 x 47 cm
Münchner Stadtmuseum, Inv.-Nr. G-Xc/6.1-24

Im Jahre 1835 konnte man auf dem Münchener Oktoberfest ein dreifaches Jubiläum feiern: Es jährten sich zum fünfundzwanzigsten Male die Hochzeit des Königspaares, Ludwig I. (1786-1868) und Therese (1792-1854), das erste Oktoberfest, das ja anlässlich dieser Hochzeit erstmals stattgefunden hatte, sowie die Gründung des landwirtschaftlichen Zentralvereins des Königreichs, der seit dem zweiten Oktoberfest 1811 eine wichtige Rolle in der Organisation und Durchführung der Veranstaltung einnahm. König Ludwig I. , der bei aller Prunkliebe auch sehr sparsame Züge aufwies, hatte sich zwar separate öffentliche Feiern seiner silbernen Hochzeit verbeten; gegen eine Verknüpfung von Hochzeitsfeier und Oktoberfest hatte er aber nichts einzuwenden. Der Festzug, der daraufhin am 4. Oktober 1835 am Königszelt auf der Theresienwiese vorüberzog, wurde zum prunkvollsten Festzug, den die Hauptstadt bis dahin gesehen hatte.

Es war wohl die Nachfrage in München und Bayern, die den Verleger J. C. Hochwind veranlasste, beim Künstler und Lithographen Gustav Wilhelm Kraus (1804- 1852) einen breit angelegten Satz von 24 Lithographien in Auftrag zu geben, die den Festzug in seiner Vollständigkeit abbildete. Dabei wurde dem Künstler ungewöhnlich viel Zeit für die Fertigstellung eingeräumt. Viele Lithographien des 19. Jahrhunderts, die aktuelle Ereignisse abbildeten, wurden zeitnah, oft wenige Tage nach dem Ereignis, veröffentlicht. Im Gegensatz dazu erschien zum Festzug von 1835 zunächst nur ein (hier nicht wiedergegebenes) Einzelblatt, das die Gesamtszenerie von Theresienwiese, Königszelt und einige Gruppen des Festzugs abbildet, wobei zugunsten einer gefälligeren Gesamtkomposition die Reihenfolge der abgebildeten Wagen vertauscht wurden. Die Lithographien der gesamten Festzugsfolge erschienen erst im Jahre 1836 in vier Lieferungen. Entsprechend konnte der Künstler mit noch größerer Genauigkeit als sonst arbeiten. Gustav Kraus hatte, wie mehrere Vorzeichnungen und Aquarelle, die sich im Münchner Stadtmuseum bzw. in Privatbesitz erhalten haben, zeigen, bereits vor oder nach dem Festzug Gelegenheit gehabt, die Festwagen separat zu zeichnen. Man kann daher davon ausgehen, dass er sich während des Zuges vor allem auf die einzelnen Menschen konzentrierte. Die Darstellungen von Gestik und Trachten zeigen bei allem Schematismus eine hohe Detailgenauigkeit, für die sich Kraus allgemein auszeichnete. Nur bei größeren Gruppen oder bei den verschiedenen Wagenlenkern wirken die Figuren schablonenhaft und entsprechen möglicherweise nicht immer den realen Vorbildern. Vergleiche mit der Festzugsfolge, wie sie im Festbericht des landwirtschaftlichen Zentralvereins abgedruckt sind, lassen ebenfalls nur wenige Abweichungen ausmachen. Mit seinem Detailreichtum bildet der Zyklus einen Höhepunkt im Schaffen von Gustav Kraus.

Vollständige Exemplare des 24 Blätter umfassenden Zyklus' sind selten, das Exemplar der Bayerischen Staatsbibliothek ging im Zuge des Zweiten Weltkriegs, wahrscheinlich während der Bombenangriffe 1943-1945, verloren. Durch die digitale Bereitstellung der Lithographien aus einem der beiden vollständigen Sätze des Münchener Stadtmuseums wird nicht nur dieses Hauptwerk der Lithographiekunst einem breiten Publikum zugänglich; es wird dadurch auch indirekt eine schmerzliche Bestandslücke der Bayerischen Staatsbibliothek geschlossen.

Einführung (Titelblatt und Textseiten)

Feierliche Huldigungszüge von Kindern, Honoratioren oder Ehrenjungfrauen gehörten zum Standardrepertoire, wenn es im 19. Jahrhundert galt, den König von Bayern zu feiern. Im Rahmen des Oktoberfestes war es bereits zweimal zu solchen Zügen gekommen: 1810, als Münchener Bürgerskinder als Personifikationen Bayerns dem frischvermählten Kronprinzenpaar huldigten, und, in etwas größerer Dimension, 1826 zum Regierungsantritt Ludwigs I.

Die Geschichte des Festzuges von 1835 beginnt aber eigentlich in Franken: Im Jahre 1832 hatte die ehemalige Reichsstadt Nürnberg einen großen historischen Festzug veranstaltet, um mittels hunderter Teilnehmer die eigene Geschichte und Bedeutung darzustellen und zu feiern. Anlässlich eines Besuchs Ludwigs I. in Nürnberg 1833 wurde der Zug extra für den königlichen Gast wiederholt, wobei man versuchte, das eher "unbayerische" Gepräge des Festzugs durch eine eilig hinzugefügte Gruppe mit einer Personifikation Bayerns und weiß-blauen Flaggen zu überspielen. Ludwig I. zeigte sich vom Zug begeistert; der bayerische Innenminister Fürst Ludwig von Oettingen-Wallerstein (1791-1870) , der ihn begleitete, griff die Nürnberger Idee auf und regte kaum einen Monat später in einem Schreiben an die Regierung des Isarkreises (seit 1838: Oberbayern) an, nach jenem Vorbild für das Jubiläum von 1835 im Münchener Umland Festwagen von den einzelnen Gemeinden anfertigen zu lassen, um damit einen Festzug durchzuführen.

Diese Initiative des Innenministers fiel vorerst auf wenig fruchtbaren Boden. Erst zwei Jahre später, man schrieb bereits 1835, reagierte die Regierung des Isarkreises, nachdem eine eigene Oktoberfestkommission der Regierung eingerichtet worden war und auch der Magistrat der Stadt München bereits Pläne für das Jubiläumsfest vorgelegt hatte. Anders als vom Fürsten Oettingen-Wallerstein vielleicht erwartet, beschloss die Oktoberfestkommission des Isarkreises aber zunächst, dass man sich möglichst wenig an den historischen Festen und Festzügen in Nürnberg, Augsburg oder Bamberg orientieren wolle, um unnötige Kosten oder gar Schulden zu vermeiden. Man übernahm aber die Ideen des Innenministers soweit, als man beschloss, die einzelnen Festwagen und -gruppen von Gemeinden und Städten des Isarkreises auf deren Kosten erstellen zu lassen.

Programm und Entwürfe für den Festzug erstellte der Ingenieur und Civilbauinspektor des Isarkreises, Daniel Ohlmüller (1791-1839), der als Architekt der damals im Bau befindlichen neugotischen Mariahilfkirche in der Au (1831-1839) zum weiteren Kreis der von Ludwig I. geschätzten und geförderten Architekten gehörte. Erst mit einem Schreiben vom 17. September 1835 wurde den zur Mitarbeit vorgesehenen Gemeinden Programm und Pläne zugesandt; trotzdem gelang es, mit wenigen Ausnahmen, alle vorgesehenen Gruppen und Festwagen bis zum vierten Oktober fertigzustellen und nach München zu schaffen, wo sie in einem mehr als zweistündigen Festzug das Königszelt auf der Theresienwiese passierten.

Die folgende Aufstellung, nach den Gruppen des Ohlmüllerschen Programms angeordnet, kombiniert die Lithographien mit dem Beschreibungstext, der 1836 mit ihnen ausgeliefert wurde. Die Transkription erfolgte buchstabengetreu. Zierlinien im Text werden durch "#" (Rautenzeichen) repräsentiert.

|Titelblatt|
Festzug zur Feyer der Jubel-Ehe
Ihrer Majestäten,
des
Koenigs Ludwig
und der
Koenigin Therese
zu München am 4ten Oktober
1835.

Verlag von J. C. Hochwind
Gezeichnet von Gustav Kraus
Lach scr. Krämmer grav.

Kurzgefaszte Beschreibung des Oktoberfestzuges vom Isar-Kreis, zur Feyer der Jubel-Ehe Ihrer Majestäten ##:
des Königs Ludwig und der Königin Therese, am 4ten Oktober 1835 in München
im Verlag bei J.C. Hochwind in München

Wer diesen National-Zug in seiner vollen Großartigkeit gesehen hat, dem werden diese Bilder stets eine angenehme Erinnerung gewähren, um so mehr Jenen nicht unwillkommen seyn, welche dem Feste bey zuwohnen keine Gelegenheit fanden. Aus beynahe 1000 Mann berittener Bauern mit weiß blauen Fähnchen, dann derley Armbinden, mehr als 2 Compagnien Gebirgs-Schützen in ihrer eigenthümlichen National-Tracht, gegen 80 festlich geschmückten sechs-vier-und zweispännigen Wagen verschiedenster Art, bestand derselbe. Nahe an 2 Stunden dauerte er an dem Königs-Zelte vorüber, durch immer neue Erscheinungen frische Ueberraschungen und hohe Bewunderung bereitend. Und doch war diese lange Reihe blos ein, in den kleinsten Rahmen eingeengtes Miniatur Gemälde, deßen, was sich in unserm gesegneten Bayerlande regt, bewegt, was in selbem wächst und geräth. Sie bildete ein einzelnes Blatt aus dem überreichen, vieltausend blättrigen Buche des Volkslebens, das hier seine Blumen, Früchte, Garben, seine Alpenhütten, Flöße, Nachen, seine Schützen, Fischer, Schäfer, Landbebauer und Gewerkleute gesendet, von jedem nur ein Exemplar aus den vier Millionen, die draußen rastlos sich mühen und sorgen, Tag und Nacht im Schweiße ihres Angesichtes, ringend mit dem kurzen verhängnisvollen Leben, von dem ein ganzes Jahr nur einen so glänzend schönen Tag, nur ein freundlich umfassendes Bild bieten kann.

Glücklich der Fürst welcher über ein solches Land und Volk herrscht! [...]

[Der Rest des Beschreibungstextes ist im Folgenden den jeweiligen Lithographien zugeordnet.]

I. Allgemeine Gruppe (Bild 1 - 4)

Den Festzug eröffnen Wagengruppen aus den Landgerichten Pfaffenhofen, München, Wasserburg und Landsberg, die nach Ohlmüllers Programm eine "Allgemeine Gruppe" bilden: Auf zwei Reitergruppen, die mit der "Fahne von Scheyern" das (nicht völlig korrekte) Wappen der Wittelsbacher vor der Übernahme des Rautenschildes der Grafen von Bogen mit sich führten, folgen mit der Bavaria eine Personifikation Bayerns sowie je ein Wagen für die acht Kreise (Regierungsbezirke) des Königreichs: Isarkreis (seit 1838: Oberbayern), Oberdonaukreis (Schwaben und Neuburg), Unterdonaukreis (Niederbayern), Regenkreis (Oberpfalz und Regensburg), Rezatkreis (Mittelfranken), Untermainkreis (Unterfranken), Obermainkreis (Oberfranken) und Rheinkreis (Rheinpfalz). Hier zeigt sich besonders deutlich, dass die Darstellung von den Darstellern unabhängig war. Zudem sind die Wappen der drei fränkischen Wagen nicht korrekt; es muss aber offen bleiben, ob es sich um einen der (seltenen) Fehler von Gustav Kraus handelt, oder ob die Wappentafeln von den Gemeinden, welche die Festwagen anzufertigten, falsch gemalt worden waren. Vier weitere Festwagen repräsentieren die vier Jahreszeiten, ehe die Gruppe durch drei Huldigungswagen und einer weiteren Personifikation der Bavaria abgeschlossen wird.

|1|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Pfaffenhofen.
[Untere Reihe - Titel] Königliches Landgericht München.
[Untere Reihe - Beschreibung] Bavaria (Nymphenburg). Isar-Kreis (Schwabing).

[Aus dem Beschreibungstext Blatt I]
[...] Erste Lieferung, von I. bis VI.
Das erste Bild stellt dar aus dem Landgerichte München und Pfaffenhofen: Trompeter-Corps und Reiterei, die Landwehr eröffnet den Zug; an der Spitze ein geharnischter mit des Hauses Bayern altberühmten Banner von Scheyern. Unter prangenden Tempel thront Bavaria mit Speer und Schild (Gemeinde Nympfenburg), von weiß und blau gekleideten Mädchen mit Fahnen und Bändern umgeben.
[...]

|2|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht München.
[Obere Reihe - Beschreibung] Ober-Donau-Kreis (Feldmoching). Unter-Donau-Kreis (Pasing). Regen-Kreis (Aubing).
[Untere Reihe - Beschreibung] Rezat-Kreis (Perlach). Unter-Main-Kreis (Neuhausen). Ober-Main-Kreis (Sendling und Thalkirchen). Rhein-Kreis (Aschheim und Kirchheim).

[Aus dem Beschreibungstext Blatt I-II]
[...] Nun folgen auf diesem dann auf dem 2do und 3ten Bilde Representationen der acht Kreise des
|II|
Königsreichs Bayern in National Tracht mit ihren Natur und Fleiß Erzeugnißen, durch das Wappen der Kreishauptstadt bezeichnet, nemlich Isar Kreis (Schwabing), Oberdonau Kreis (Feldmoching), Unterdonau Kreis (Pasing), Regen Kreis (Aubing), Rezat Kreis (Perlach), Untermain-Kreiß (Neuhausen), Obermain-Kreis (Sendling und Thalkirchen), Rheinkreis (Aschheim und Kirchheim); [...]

|3|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht München.
[Obere Reihe - Beschreibung] Frühling (Freymann). Sommer (Garching).
[Untere Reihe - Beschreibung] Herbst (Planeck) Winter.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] ferner der Frühling (Freymann), Sommer (Garching), Herbst und Winter (Planeck), alle in den treflichsten Gruppirungen auf beweglichen Wägen. [...]

4|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Wasserburg.
[Obere Reihe - Beschreibung] Bezirk Wasserburg. Bezirk Haag.
[Untere Reihe - Titel links] Königliches Landgericht Wasserburg.
[Untere Reihe - Beschreibung links] Bezirk Haag.
[Untere Reihe - Titel rechts] Königliches Landgericht Landsberg.
[Untere Reihe - Beschreibung rechts] Magistrat Landsberg.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] Das 4te Bild zeigt von Landgericht Wasserburg auf 4 trapirten Wagen mit den Orts-Wappen fröhliche Jungen und Mädchen, mit, die königliche Namenzüge enthaltenden Standarten und Fähnchen, dann in Körben gefüllten Perduckten, die Namen der Knaben sind Ludwig, die der Mädchen Therese, sinige Anordnung des Gemeinde-Vorstandes Huber jener Gegend (Haag). Das Landger. respkt. die Stadt Landsberg versinnlicht unter Voranreitung des städtischen Bannerträgers auf großen Prunkwagen unter einem reichen Baldachin Bavaria mit des Füllhorns seegenreicher Spende, durch Religion, Künste, Wissenschaften, Vaterlandsliebe und Treue, Kultur und Ackerbau, Tapferkeit und Stärke, Handel und Gewerbe, in hübschen weiblichen Gestalten. [...]

II. Ernte-Gruppe (Bild 5 - 10)

Die Zweite Gruppe des Festzuges zeigt auf zwanzig Wagen verschiedenste Ernteszenen, die Reichtum und Fleiß der Landwirtschaft Bayerns symbolisieren sollen. Beim damaligen Publikum soll dabei der zweite Wagen des Landgerichts Bruck (in etwa der heutigen Gemeinde Fürstenfeldbruck entsprechend) besonders gut angekommen sein: ein Getreidefuder, bei dem Teile der Seitenverkleidung heruntergeklappt werden konnten, um den Blick auf zwei festlich gekleidete dreschende Paare freizugeben. Gustav Kraus hat vermutlich wegen der Beliebtheit der Szenerie diesen Wagen auch in seine bereits 1835 erschienene (hier nicht wiedergegebene) Ansicht von Oktoberfest, Königszelt und Festzug eingefügt, obwohl er dadurch dort die Zugreihenfolge willkürlich veränderte. Die zum Ende des Abschnitts fahrenden Wagen aus dem Oberland weisen häufig Schützen und Schützenscheiben auf, gehören aber laut Programm ebenfalls zur Ernte-Gruppe.

|5|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Dachau.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] In dem 5to und 6to Bilde führen uns die Landgerichte Dachau und Bruck unter Vortragung des Ackerbau-Symbols, dann Untermengung von Reiterschaaren auf schön gezogenen Roßen, nebst einem stattlichen Allegorien reichen Festwagen (Markt Dachau), dann einer Bauernhochzeit; endlich auf vier schmuckvoll gezierten weiß und blauen Wägen die ippigsten Getreid-Erndte-Szenen vor Augen. [...]

|6|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Dachau.
[Untere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Bruck.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] Zauberisch öffnet sich eine der, vorn mit der Abbildung der historischen Abtey Fürstenfeld prangenden, schwer mit reichen Garben belastet scheinenden Wägen, und ist in einen Scheunenboden plötzlich verwandelt, auf welchem muntere Drescher nach dem Tackte weidlich die Flegel schwingen. [...]

|7|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Erding.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
Zweite Lieferung, von VII. bis XII.
[...] Während in drei Bildern durch das Landgerichte Erding auf schönen Wägen, unter Geleite von Reitern, den Hanf- und Flachsbau, [...]

|8|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Freysing.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] Freising die Obstbaum-Kultur, [...]

|9|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Ebersberg.
[Obere Reihe - Beschreibung] Grafing.
[Untere Reihe - Beschreibung] Grafing. Ebersberg. Ebersberg.
[Untere Reihe - Signatur] Gustav Kraus lith.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] Ebersberg die Hopfenbauproduktion und Schafzucht (Grafing und Ebersberg), [...]

|10|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Wolfratshausen.
[Obere Reihe - Beschreibung] Schaeftlarn.
[Untere Reihe - Beschreibung] Deining.
[Untere Reihe - Signatur] Gustav Kraus lith.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] in den übrigen 3, durch das Landgericht Wolfratshausen die Heuerndte (Schäftlarn-Deining), [...]

III. Gruppe des Gebirgslebens (Bild 11 - 16 oben)

Der Übergang von der Ernte-Gruppe zur Gruppe des Gebirgslebens ist fließend. Als besonders einprägsam stechen hier im vorderen Gruppenteil die Tölzer Schützen, Miesbacher Leonhardiwagen (Kraus bildet nur zwei von den drei laut Programm gefahrenen Kutschen ab) und ein von Dießen am Ammersee gesandter Wagen mit einem Schulchor heraus. Den Miesbacher Gruppen folgt eine kleine Gruppe Fischer aus dem Landgericht Laufen; sie waren ursprünglich wegen der Entfernung zu München im Zug gar nicht vorgesehen gewesen. Am Ende der Gruppe findet sich eine große Abordnung aus Starnberg, die unter anderem Modelle dreier königlicher Lustschiffe vom Würmsee/Starnberger See mit sich führt.

|11|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Wolfratshausen.
[Obere Reihe - Beschreibung] Gemeinde Argeth.
[Untere Reihe - Beschreibung] Otterfing. Beuerberg [Baierbrunn]. Sauerlach.
[Untere Reihe - Signatur] Gustav Kraus lith.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] Holzreichthum und wackere Scheibenschützen (Argeth, Otterfing, Beuerberg, Saurlach, Baierbrunn, [...]

|12|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Wolfratshausen.
[Obere Reihe - Beschreibung] Baierrhein. Eurasburg. Holzhausen.
[Untere Reihe - Beschreibung] Oberbiberg. Markt Wolfratshausen.
[Untere Reihe - Signatur] Gustav Kraus lith. 1836

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] Eurasburg, Holzhausen, Oberbiberg), Isarfloßfarths-Verkehr (Markt Wolfratshausen) darstellt in den verschiedenartigsten gelungenen Erfindungen und Gruppen, Zusammenstellung, [...]

|13|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Tölz.
[Obere Reihe - Beschreibung] Compagnie Wackersberg. Jachenau. Compagie Gaissach.
[Untere Reihe - Beschreibung] Tölz. Schützen von Lenggries.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] bringt uns die
Dritte Lieferung, von XIII, bis XVIII.
Vom Landgerichte Tölz die herrlichen, uniformen Gebirgsschützen-Compagnien mit fliegenden Fahnen und klingenden Spiele (Wackersberg, Gaisach, Lenggries), einen Wagen voll munterer eigenthümlicher Thalbewohner (Jachenau), eine ebenso wie oben der Floß, eingerichtete bewegliche Sennhütte mit Zugehör (Markt Tölz); [...]

|14|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Miesbach.
[Untere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Miesbach. Königliches Landgericht Laufen. Königliches Landgericht Landsberg (Diessen).

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] vom Landgerichte Miesbach 2 sogenannte Sankt Leonhardsfahrten; dann ein grünender Wagen mit fröhlichen Kirchweih-Gästen; vom Landgerichte Laufen ein halb Dutzend stämmiger Männer in rother Schiffertracht, mit dem Modell Ihres Salzach-Fluß-Fahrzeuges, im Kleinen; vom Landgerichte Landsberg noch ein Schuljugend-Sänger-Chor mit dem Lehrer. [...]

|15|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Starnberg.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] In den folgenden Bildern zeichnet sich das Landgericht Starnberg aus, mittels eines Trompeter-Corps zu Pferd, einer Abtheilung Bauern-Cavallerie, der bewimmpelten und bemannten Königlichen Lustschiffe: Löw, Hirsch, [...]

IV. Gruppe ländlicher Festlichkeiten (Bild 16 unten-17)

Auch hier ist der Übergang zwischen den Gruppen des Ohlmüllerschen Programms fließend. Die Reitergruppe am Ende des 16. Blattes ritt laut Programm in Wirklichkeit dieser Gruppe voran. Auf drei eher schlichte Festwagen folgen vier Wagen aus dem bis 1848 bestehenden Patrimonialgericht Seefeld, unter anderem eine Bauernhochzeit darstellend. Entsprechend der Sonderrechte, welche die Grafen von Toerring-Seefeld in ihrem Patrimonialgericht einnahmen, führt dieser Gruppenteil die Toerring'schen Farben Rot, Silber und Grün mit sich. Der letzte Wagen der Gruppe mit Möwenfischern auf dem Seefelder (heute: Pilsen-)See entließ direkt vor dem Königszelt, wie auf der Lithographie dargestellt, 25 weiße Tauben.

|16|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Starnberg.
[Obere Reihe - Beschreibung] Berg.
[Untere Reihe - Beschreibung] Gauting. Tutzing.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] Schwan, nebst dem Einbaum zum Fischfangen, auf wellenartig trappirten, 6, 4 und 2 Gespann. Ihnen folgen künstlich von Naturgewinden gezierte Wappen mit singenden Schulkindern, und festlich gekleideten Uferbewohner (Berg, Gauting, Tutzing). [...]

|17|
Patrimonialgericht Seefeld.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] Ganz vorzüglich sprechen aber an auf dem 17to Bilde – der Bauernhochzeit- und Kammer-Wagen-Zug, dann das Seegel-Jagdschiff mit, in alter Tracht bemannten Möwen-Jägern, von Gutsherrschaftlichen geputzten Sechsspännern geführt. Die sinnige Allegorie der freygelassenen 25 weißen Tauben vor dem Königs-Zelte, auf die Jubel-Ehe des allerhöchsten Herrscher-Paares, (anstatt der Möwen) ist jedem Bayern unvergesslich (Patrimonialgerichte Seefeld), [...]

V. Gruppe der Erinnerungen an die Vorzeit (Bild 18)

Die darauffolgende kleine Gruppe von Darstellern in historisierenden Trachten wurde von den Patrimonialgerichten Leutstetten (damals im Besitz der nichtadeligen Familie Ertl), Seefeld (im Besitz der Grafen von Toerring-Seefeld) und Possenhofen (erst im Jahr zuvor, 1834, von Herzog Max Joseph in Bayern erworben) entsandt. Im Possenhofener Wagen sitzen der Beschreibung nach Bauleute des damals im Umbau begriffenen Schlosses.

|18|
[Obere Reihe - Beschreibung] Patrimonialgericht Leutstetten. Patrimonialgericht Seefeld.
[Untere Reihe - Beschreibung] Patrimonialgericht Possenhofen. Patrimonialgericht Leutstetten.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] Imposant und überraschend erscheint auf dem 18to Bilde die Erinnerung an ältere Vorzeit durch geharnischte und bewaffnete Ritter und Reisige, Blech-Instrumenten-Musik an der Spitze, einen künstlich aufgerichteten und würdigen Rüstungs-Prunkwagen mit dem angestammten Seefeldschen Wappenschmuk und Schilde im Gefolge; hierauf ein Wagen herrschaftlicher (Possenhofer) Schloß-Bauleute im Feyertags-Anzuge; endlich auf stattlichem Sechsspänner, unter Begleitung von bewaffneten und dem Burgherrn selbst zu Pferd mit seinem treuen Knappen, die edlen Burgbewohner oder ritterlichen Familien-Glieder (Patrimonialgericht Leutstetten). [...]

VI. Gruppe des Städtelebens und Schluß-Gruppe mit 400 Reitern (Bild 19-22)

Zum Abschluss des eigentlichen Festzuges folgten einige Gruppen, die städtisches Leben repräsentierten sollten, angeführt von einer Gruppe aus dem bis 1838 zum Isarkreis gehörenden Landshut, gefolgt von einigen heute zu München gehörenden Gemeinden. Die Gemeinde Bogenhausen präsentiert sich dabei als Obstgarten, die zwischen 1818 und 1879 mit Stadtrecht versehene Münchener Vorstadt Au dagegen mit Wagen zu der ebenfalls von Ohlmüller geplanten Mariahilfkirche und einem großen Salvator-Bierwagen der Zacherl'schen Bierbrauerei, der heutigen Paulaner Brauerei. Die Gemeinde Haidhausen und Giesing stellen Wagen, die gleichzeitig allgemein bayerisches Handwerk präsentieren sollen. Die Orte Weilheim, Murnau und Freising schließen die Gruppe mit Festwagen ohne spezielle Symbolik ab.

Von den 400 Reitern der Schluss-Gruppe hat Gustav Kraus nur einen geringen Bruchteil abgebildet, darunter den jubelnden Schlussreiter.

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[Obere Reihe - Titel] Magistrat Landshut.
[Untere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Au.
[Untere Reihe - Beschreibung] Bogenhausen.
[Untere Reihe - Signatur] Gustav Kraus l.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] Vierte Lieferung, von XIX. bis XXIV.
Außer der Stadt Landshut mit allegorisch geschmücktem Wagen, der Abbildung von Stadt und Schloß Trausnitz, - dem Ehren Wappen – 3 geharnischten Männern und versammelter Magistratur in alter Amts-Tracht, nimmt das Landgericht Au die folgenden 3 Bilder ein. Reiterei mit ihren Trompetern beginnt, nach ihr ein duftender Blumengarten, und von Früchten strozender Oragenbaum mit pflegendem Gärtner und Gärtnerin (Bogenhausen); [...]

|20|
[Obere Reihe - Beschreibung] Vorstadt Au. Vorstadt Au.
[Untere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Au.
[Untere Reihe - Beschreibung] Zacherl’sche Bierbräuerei in der Vorstadt Au.
[Untere Reihe - auf den Fahnen] | Noch 25 Jahre wie heute. |Salvator Bier. | Noch 1000 Jahre wie heute. |

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] schöne Allegorien vorherrschender Zünfte der Mauerer und Zimmerleute (Vorstadt Au), eine zahlreiche Gruppe aus dem jährlichen Volksleben zur Zeit des Salvatorbiers (Zacherlsche Bräuerei in der Au); [...]

|21|
[Obere Reihe - Titel] Gemeinde Heidhausen.
[Untere Reihe - Titel] Gemeinde Giesing.
[Untere Reihe - Signatur] Lith. Von Gustav Kraus

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] die häusliche Weiblichkeit mit ihren produktiven Handarbeiten, Männer mit verschiedenen Gewerbsschildern (Haidhausen und Giesing); [...]

|22|
[Obere Reihe - Titel] Königliches Landgericht Weilheim.
[Obere Reihe - Beschreibung] Weilheim. Murnau.
[Untere Reihe - Beschreibung] Magistrat Freising. Königliches Landgericht München.
[Untere Reihe - Signatur] Lith. Von Gustav Kraus 1836

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] das Landgericht Weilheim schickt nach dem 22to Blatte Zierwagen mit Stadt- und Markts-Wappen, dann deren Bewohner (Weilheim und Murnau), endlich die Stadt Freising die Embleme aller dort befindlichen Handwerker. Den Schluß des so bald nicht wieder kehrenden ländlichen Festzuges bildet Reiterei aus dem Landgerichte München, und der letzte linke Flügelmann schreit mit schwingendem Hute aus voller Kehle ein ächt bayerisches:“Juche“! [...]

VII. Vorschau auf die Festwoche (Bilder 23 und 24)

Laut Festprogramm folgten dem eigentlichen Festzug sieben kleinere Gruppen aus der Stadt München, die einen Vorgeschmack auf die Festereignisse des weiteren Oktoberfestes geben sollten:
1) die Schützen-Trompeter,
2) die Preisfahnen der Festschießen,
3) die Preise des Wagenrennens,
4) die bespannten Wagen,
5) die Preisefahnen des Radlaufens,
6) die Wagnergesellen und
7) die Ringer.

Von diesen Gruppen hat Gustav Kraus in den beiden abschließenden Blättern des Zyklus eine Auswahl dargestellt, wobei er jedes Blatt mit der Trompetergruppe beginnen lässt. Es folgen auf dem ersten Blatt die Gruppen 5 - 7 (obere Reihe) und 4 (untere Reihe), auf dem zweiten Blatt die Gruppe 2 mitsamt einer Auswahl verschiedener Schützengruppen und einigen Landwehrsoldaten am Ende.

Die hier repräsentierten Wettbewerbe führten sich selbst Teil auf ältere Traditionen zurück. Schießwettbewerbe gibt es auf dem Oktoberfest seit 1816 bis heute; die Ringerwettbewerbe der Bäckergesellen und das Radlaufen der Wagnergesellen wurden dagegen 1835 erstmals während des Oktoberfestes auf Initiative des Turnlehrers Josef Gruber durchgeführt. Die Bäckergesellen führten ihren Wettkampf (Wettlauf über 3 x 125 Schritt und Wettringen, bei dem die Hände "nicht von den Schultern kommen" dürfen) auf sagenhafte Ereignisse rund um die Schlacht von Mühldorf 1322 zurück; der Wettbewerb der Wagnergesellen, bei dem es galt, ein ohne eisernen Ring versehenes Holzrad von 117 cm Durchmesser auf einer vorgegebenen Bahn (4 x 1000 Schritt) zu treiben, wurde auf ein historisches Ereignis vom 20. Juli 1709 zurückgeführt. Damals hatte der Wagnermeister Johann Guttmann aus Lechhausen an einem Tag ein Holzrad gefertigt und nach München getrieben.

Das Wagenrennen nach römischer Art wurde ebenfalls zum ersten Mal 1835 durchgeführt und war wahrscheinlich der bekannten Antikenbegeisterung König Ludwig I. geschuldet. Es fand aber offenbar keine Wiederholung.

|23|
[Obere Reihe - Beschreibung] Zug der Bäcker- und Wagner-Gesellen.
[Untere Reihe - Beschreibung] Wagen-Renner-Zug.
[Untere Reihe - Titel] beym October-Fest in München | am 4. October 1835 | Verlag von J. C. Hochwind.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] Nun schließt sich an, von der Haupt- und Residenz-Stadt München auf dem 23t und 24t Blatte unter Anführung eines altdeutsch costümirten Trompeten-Corps, der Zug von Bäcker- und Wagner-Gesellen zum Wettringkampfe und Wettlaufe, dann zum Radtreiben auf ausgestekter Bahn um die Preis-Fahnen, ersteres durch Kaiser Ludwigs Wappen-Verleihung wegen kriegerischer Auszeichnung in der Schlacht bei Ampfing vor 519 Jahren, letzteres durch Meisters Gutlmann von Lechhausen Kunstfertigkeit vor 126 Jahren versinnlicht; ferner von zweispänigen und zweirädrigen Wagenrennern, aus den römischen Spielen entnommen; [...]

|24|
[Untere Reihe - Titel] Festzug | der Feuergewehr- und Stahlarmbrust-Schützen | den 5. October 1835 | Verlag von J. C. Hochwind.

[Aus dem Beschreibungstext Blatt II]
[...] endlich von Feuergewehr- und Stahlarmbrust-Schützen mit den Insignien, Zielern und Gewinnsen; welche eine Abtheilung Landwehr-Schützen geleitet. [...]

Der Festzug von 1842

Gustav Wilhelm Kraus
Festzug der 35 Brautpaare zur Vermählungsfeyer Seiner Königlichen Hoheit des Kronprinzen Maximilian von Bayern und Ihrer Königlichen Hoheit der Kronprinzeß Marie von Bayern im Vorbeiziehen vor dem Königszelt bey dem Octoberfeste in München den 16ten October 1842.
3 Blatt kolorierte Lithographien [mit Programm]
Verlag G. Kraus
Format je ca. 38 x 55 cm
Münchner Stadtmuseum, Inv.-Nr. G-P 1583

In gewisser Hinsicht war die erste Oktoberhälfte geradezu prädestiniert für königliche Veranstaltungen im 19. Jahrhundert. Nicht nur sorgte das Oktoberfest - längst etabliert - für ein größeres Publikum in der Stadt München ; auch konnte die Häufung von Namens- und Hochzeitstagen überzeugen: Am 12. Oktober war Tag des heiligen Maximilian, der Namenstag des ersten Königs Maximilian I. Joseph und des Kronprinzen Maximilian . Auch die Trauung von Ludwig I. und Therese hatte an diesem Tage stattgefunden. Am 15. Oktober schließlich folgte der Tag der hl. Therese und damit der Namenstag der Königin selbst. So geschah es fast zwangsläufig, dass die Hochzeit von Kronprinz Maximilian, dem späteren König Maximilian II. (1811-1864), mit der preußischen Prinzessin Marie Friedrike (1825-1889) auf einem Oktobertag, genauer den Hochzeitstag seiner Eltern, gelegt wurde. Allein schon dadurch wurde das Oktoberfest von 1842 mehr als in normalen Jahren ein dynastisches Fest.

Die Trauung selbst fand am 12. Oktober in der Allerheiligen-Hofkirche der Münchener Residenz statt. Neben weiteren höfischen Veranstaltungen im Rahmen der Feierlichkeiten, wurde - wie schon 1810 bei der Trauung von Ludwig I. und Therese - auch die Bevölkerung Münchens bedacht, wobei auch die Stadt zur Finanzierung herangezogen wurde. So bezahlte der Magistrat Münchens die Ausspeisung der Pfründner der Spitäler, Armenhäuser und des Nockherschen Stadtkrankenhauses am Anger; die israelitische Gemeinde finanzierte eine Mahlzeit für alle Militär- und Zivilgefangenen. Während des Oktoberfests selbst wurden die Schießwettbewerbe in diesem Jahr dem frischvermählten Kronprinzenpaar gewidmet; die Preise fielen entsprechend kostbarer aus. Um das Bild vom Herrscherhaus als den Eltern der Nation noch augenfälliger werden zu lassen, wurde ein besonderer Plan gefasst: Durch eine Gruppenhochzeit von Brautpaaren aus allen Teilen Bayerns und (zumindest theoretisch) allen Volksschichten sollte die Verbindung von Dynastie und Land symbolisch gefestigt und gefeiert werden.

Einführung

Schon rein logistisch stellte sich die Situation 1842 anders dar als noch sieben Jahre zuvor beim Festzug von 1835. Das starke Interesse König Ludwig I., das Oktoberfest anlässlich der Trauung seines Sohnes und Thronfolgers - der ersten Kronprinzenhochzeit seit seiner eigenen vor 32 Jahren - als großes Nationalfest auszugestalten, sorgte für eine frühzeitige Planung und einen vergleichsweise großzügigen finanziellen Rahmen. Das Eisenbahnnetz Bayerns war bereits im Entstehen: 1839 wurde nicht weit von der Theresienwiese der erste Bahnhof der Stadt, Vorläufer des heutigen Hauptbahnhofes, errichtet worden; 1840 eröffnete die Bahnstrecke München- Augsburg.

Bereits im März 1842 informierte das Präsidium der königlichen Regierung von Oberbayern alle Gemeinden des Königreichs vom Wunsche des Königs. Aus allen Regierungsbezirken sollten jeweils mehrere Brautpaare "von unbescholtenen Sitten und unzweifelhafter Würdigkeit" ausgesucht werden, um an der gemeinsamen Trauung in München teilzunehmen. Unterkunft und Verpflegung in München sollten auf Kosten der Stadt gehen, die Ausstattung der Brautleute sollte durch die Landgerichte, durch eigene Mittel der Familien sowie durch Spenden von Stiftungen und Gönnern aufgebracht werden. Neben einem tadellosen Ruf wurde nur noch zur Bedingung gemacht, dass die Paare "[...] in der einschlägigen, vorzugsweise üblichen und unterscheidenden Tracht zu erscheinen [...]" hätten und dass die Begleitung nicht zu zahlreich ausfallen sollte. Die Authentizität der Tracht selbst war dabei weniger von Belang; gerade die städtischen Gruppen griffen deswegen in der Folge bei ihren Kostümen auf längst nicht mehr existierende Trachtenformen zurück.

Die Resonanz auf diese Weisung aus München scheint nicht in allen Punkten den Erwartungen entsprochen zu haben. Zwar fanden sich unter den adeligen Gutsbesitzern ausreichend Gönner, die Brautpaare kamen aber mehrheitlich aus dem Mittelstand: Wohlhabenden Handwerkern und reichen Bauern gefiel der Prestigegewinn durch eine solche Hochzeit offenbar besonders. Auch von einer regional ausgeglichenen Verteilung der Paare konnte nur bedingt die Rede sein,: Gegenüber den vier Brautpaaren der meisten Bezirke stellte Oberbayern sechs Brautpaare, die Rheinpfalz dagegen nur zwei, wobei sich die größeren Städte wie Speyer oder Kaiserslautern nicht direkt beteiligten.

Außer Zeitungsberichten können vor allem drei Quellen für den Festzug der Brautpaare herangezogen werden: Neben dem offiziellen Programm der Stadt München liegen im Buch von F. Rudolph über das Oktoberfest 1842 detailgetreue Beschreibungen der Brautpaare und ihrer Trachten vor. (Seite 49ff.) Schließlich erschien bereits kurz nach dem Festzug eine Reihe von drei Lithographien, erstellt von Gustav Kraus (1804-1852), die mit hoher Genauigkeit und großem Einfühlungsvermögen den Brautzug abbilden. Um diese hier präsentierten Lithographien besser illustrieren zu können, wird das vom Magistrat der Stadt München herausgegebene Programm im Volltext wiedergegeben.

Das Programm beschreibtzwar den Zug der Brautpaare vom heutigen Alten Rathaus am Münchener Schrannenplatz (heute: Marienplatz) zur katholischen Kirche St. Michael bzw. zur evangelischen Matthäuskirche, während die Lithographien von Kraus den Vorbeizug der nun verheirateten Brautpaare am Königszelt darstellten. Dennoch decken sich die Beschreibungen im Festprogramm und auf den Lithographien. Als einziger Unterschied gehen in den Steindrucken Braut und Bräutigam - da zu diesem Zeitpunkt bereits getraut - nebeneinander, während sie auf dem Weg zur Kirche noch getrennt gezogen waren.

Um möglichst viel Platz zu sparen, windet Kraus den Brautzug schlangenförmig in vier Reihen übereinander - eine Darstellungsform, die sich bereits seit Jahrhunderten für derartige Abbildungen bewährt hatte.

|Vorderer Spiegel|
Geschenk Seiner Majestät des Königs Ludwig I. aus Höchstdessen Privatbibliothek.

|1|

Programm
über die
a
m 16. Oktober 1842 stattfindende
Trauung von fünfunddreißig Brautpaaren
aus den
acht Regierungs-Bezirken des Königreichs Bayern,
und
deren Festzug
vor
Ihren Königlichen Majestäten
und
Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften
auf der Theresienwiese.


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Wie vor 32 Jahren das frohe Ereignis der Vermählung Seiner Majestät unseres allergnädigsten Königs Ludwig, an welches die erste Entstehung des Central-Landwirthschafts-Festes zu München sich anknüpfte, demselben zu jener Zeit die Weihe eines Landesfestes im höheren Wortsinne verlieh, so schließt auch in dem gegenwärtigen Jahre wieder die Feyer dieses Festes an die Vermählung Ihrer Königlichen Hoheiten des Kronprinzen Maximilian und der Kronprinzessin Maria sich an, und wird dadurch abermals zu einem allgemeinen hohen Freudenfeste.

|2|

Es konnte die allgemeine Theilnahme des Landes hieran wohl nicht angemessener und besser bethätiget werden, als daß zum Gedächtnisse dieser höchsten Vermählung aus jedem der acht Regierungs-Bezirke mehrere Brautpaare von unzweifelhafter Würdigkeit zum Theile aus öffentlichen Fonds und durch gemeinsames Zusammenwirken ausgestattet wurden.

Diese Brautpaare, 35 an der Zahl, feyern nunmehr am 16. des Monats in der königlichen Haupt- und Residenzstadt ihre Hochzeit, und werden im festlichen Hochzeitzuge Ihren Königlichen Majestäten auf der Thereisenwiese ihre allerehrfurchtsvollste Huldigung darbringen.
Die Feier wird in folgender Weise statt finden:
§. 1.
Am Oktoberfest-Sonntage den 16. des Monats Morgens 8 Uhr versammeln sich sämmtliche Brautpaare mit ihren Eltern oder deren Stellvertreter mit den Trauungszeugen, und der sonst an jedem Orte üblichen Begleitung eines Brautzuges im großen Rathhaussaale.
Die Gebirgsschützen aus Lengries, Wackersberg und Reichenhall, sowie die Bergknappen aus Amberg, welche zu dieser Feyer sich gleichfalls dahier eingefunden haben, stellen sich gleichzeitig vor dem Rathhause auf, und ordnen sich mit den aus dem Saale kommenden Brautzügen daselbst zum Kirchengange.

Blatt I. Brautpaar 1-5

Das erste Blatt zeigt den Beginn des Zuges, angeführt von zwei Gruppen von Gebirgsschützen und einer Musikgruppe. Die Paare aus Oberbayern hatten durch den kürzeren Anreiseweg den Vorteil, auch Hochzeitswagen heranschaffen zu können und auf eigene Kosten die Begleitgruppen deutlich größer zu halten. So zog etwa das Brautpaar aus Ismaning im Landgericht München mit fünf Kutschen, eigener Musikgruppe und fast 30 Teilnehmern durch die Stadt.

[Fortsetzung Programmtext]

§. 2.Der Trauungszug setzt sich um 9 Uhr in Bewegung, und zwar in folgender Ordnung:

I. Die Brautzüge aus Oberbayern.
Die Gebirgsschützen-Compagnie von Lengries, königlichen Landgerichts Tölz, mit ihren Spielleuten.
Die Gebirgsschützen-Compagnie von Wackersberg, desselben königlichen Landgerichts, gleichfalls mit ihren Spielleuten.
Hierauf folgen die Brautzüge:

1) Das Brautpaar der Stadt München: die Brautleute Johann Schmidt, angehender Kistlermeister, und Amalie Ortlieb, katholisch, begleitet von der verwittibten Mutter der Braut, dem Vormunde derselben, dem Brautführer, 2 Zeugen, 2 Brautjungfern und dem Hochzeitlader.

2) Das Brautpaar aus dem königlichen Landgerichte Starnberg: Georg Rehm, angehender Schuhmacher, und Maria Bauer katholisch, mit 2 Kranzljungfern, dem Ehren- |3| vater, der Ehrenmutter, dem Vater und der Mutter des Bräutigams, dem Vater der Braut, 2 Basen der Braut, einem Vetter des Bräutigams und einen solchen der Braut, einer Schwester der Braut und 7 Musikanten.
3) Das Brautpaar aus dem königlichen Landgerichte Schrobenhausen: Martin Spieß, Gütler und Taglöhner von Eiselsried, und Theresia Mühlpointner, Häuslerstochter. Diese begleiten: der Brautführer, zwei Kranzeljungfern, zwei Ehrenväter, katholisch, zwei Zeugen, vier sonstige nächste Verwandte, der Hochzeitlader.
4) Das Brautpaar aus dem königlichen Landgerichte München: Jakob Sanftl, Kleingütler und Zimmermann zu Ismaning, und Barbara Kranz, Schmiedstochter, katholisch.
Diesen folgen der Hochzeitlader zu Pferd, ein Musikantenwagen mit 10 Spielleuten, ein vierspänniger Brautwagen mit der Braut, der Ehrenmutter, zwei Kranzljungfern, der Eltern der Brautleute, ein zweispänniger Wagen mit 6 Jungfern als Hochzeitsgäste, ein zweispänniger Wagen mit 6 Jünglingen als Hochzeitsgäste und der Hochzeiter, der nach der Trauung im vierspännigen Brautwagen erscheint.
5) Das Brautpaar aus dem königlichen Landgerichte Rosenheim: Johann Rebacher [korrekter Name: Seebacher], Bauer zu Vorderschweinsteig in der Gemeinde Niederaudorf, und Maria Kloo, Bauerstochter, katholisch.
Diese begleiten zwei vorangehende Jünglinge, zwei vorangehende Jungfrauen, der Brautführer, die Ehrenmutter, zwei Ehrenväter und Zeugen, eine Stellvertreterin der verstorbenen Mutter des Hochzeiters, die Mutter der Braut, der Hochzeitlader.

Blatt II. Brautpaar 6-19

Auf dem zweiten Blatt folgen im Anschluss an die Brautpaare aus Oberbayern in dichter Reihung die Paare aus Niederbayern, der Rheinpfalz, der Oberpfalz und aus Oberfranken. Hervorzuheben ist die pittoreske Deputation aus Kronach am Ende des Blattes, bei der offenbar die Stadt das Ereignis nutzen wollte, um mit historischen Kostümen mehr Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.

[Fortsetzung Programmtext]

6) Das Brautpaar aus dem königlichen Landgerichte Reichenhall: Johann Aschauer, Oedgastnerbauer in der Gemeinde Stoißberg und Maria Eichner, Bauerstochter, katholisch.
Die Ordnung dieses Brautzuges ist folgende: fünf Musikanten, der Bräutigam mit dem Hochzeitlader, der Brautführer mit der Braut, der Ehrenvater mit der Ehrenmutter, eine Kranzljungfer, fünf Prangerinnen.

Die Brautzüge von Oberbayern schließen: Die Gebirgsschützen aus dem königlichen Landgerichte Reichenhall.


|4|


II. Die Brautzüge aus Niederbayern.


Ein Fahnenträger mit dem Wappen der Stadt Landshut.

Die Musiker aus Kötzing.

7) Das Brautpaar der Stadt Passau: Ignatz Seidl, angehender Bürger von Passau und Katharina Rackl, Lohnkutscherstochter, katholisch. Diese begleiten der Brautführer, die beiden Beiständer, zwei Kranzljungfern, die Brautmutter.
8) Das Brautpaar aus dem königlichen Landgerichte Landshut: Mathias Eisenried, Bauer von Pestendorf und Therese Fleischmann, Bauerstochter, katholisch. Mit diesen gehen drei Kranzljungfern, der Brautführer.
9) Das Brautpaar aus dem königlichen Landgerichte Straubing: Georg Schütz, Bauerssohn von Atting und Helena Wild, Müllerstochter, katholisch. Ihre Begleitung sind der Brautführer, die Kranzljungfrau, die Brautmutter, der Vater der Braut, der Hochzeitlader.
10) Das Brautpaar aus dem königlichen Landgerichte Griesbach: Jakob Steindl, angehender Bauer zu Oberschwätzenbach und Therese Grammel, Bauerstochter, katholisch. Die Brautmutter, die Kranzljungfer, der Vater der Braut, der Heirathsgezeug der Braut, und der Hochzeitlader folgen denselben.

III. Die Brautzüge aus der Pfalz.


Ein Fahnenträger mit dem Wappen der Grafschaft Veldenz.
Musiker.
Ein Fahnenträger mit dem Wappen der Stadt Speyer.

11) Das Brautpaar aus Pirmasenz: Peter Lorenz, Schuhmacher in Pirmasenz und Anna Maria Bachmann, Maurerstochter, katholisch. Mit ihnen gehen vier männliche Zeugen, die Eltern der Brautleute.

12) Das Brautpaar aus dem königlichen Land-Commißariat Kirchheim-Bollanden: Peter Schmid, Leinweber in Göllheim und Katharina Joos, Schreinerstochter, protestantisch. Ihre Begleitung bestehet aus den Eltern und deren stellvertretenden vier Verwandten und vier Zeugen.

|5|


IV. Die Brautzüge aus Oberpfalz und Regensburg.


Ein Fahnenträger mit dem oberpfälzischen Wappen.

Der Zug der Bergknappen aus Amberg mit Musik.
Ein Fahnenträger mit dem Wappen der Stadt Regensburg.

13) Das Brautpaar der Stadt Regensburg: Wilhelm Heinrich Erdmann Kaufmann, angehender Kufnermeister in Regensburg und Anna Katharina Hagen, Metzgerstochter, protestantisch. Mit denselben ist eine Kranzljungfer als Begleiterin der Braut, der Brautführer, der Ehrenvater, die Ehrenmutter, ein männlicher und ein weiblicher Zeuge.
14) Das Brautpaar des königlichen Landgerichts Hemau: Joseph Weiß, Häusler von Pölndorf, und Barbara Mirbeck, von Aichkirchen, katholisch. Diese werden begleitet von zwei Kranzljungfern, dem Brautführer, und den Vätern der Brautleute als Zeugen.
15) Das Brautpaar des königlichen Landgerichts Kemnath: Mathäus Weyh, Metzgerssohn aus Kemnath, und Anna Murr, Metzgerstochter, katholisch. Denselben folgen zwei Kranzlfungfern, der Brautführer und die Aeltern der Brautleute als Zeugen.
16) Das Brautpaar aus dem königlichen Landgericht Neunburg vorm Wald: Joseph Probst, angehender Schuhmachermeister in Neunburg vorm Wald, und Katharina Brunner, Schuhmacherstochter, katholisch, mit zwei Kranzljungfern, dem Brautführer und zwei Zeugen.

V. Die Brautzüge aus Oberfranken.


Ein Fahnenträger mit dem Wappen des Herzogthums Franken.

Musik.
Ein Fahnenträger mit dem Wappen der Stadt Bayreuth.

17) Das Brautpaar der Stadt Bayreuth: Christian Friedrich Schmidt, Bürger und Tuchmachermeister in Bayreuth, und Sabine Magdalena Wanner, Glasermeisterstochter, protestantisch. Denselben folgen ein Brautbegleiter und eine Brautbegleiterin.

18) Das Brautpaar der Stadt Bamberg: Georg Humann, Ludwigs-Kanal-Schiffmeister in Bamberg und Barbara Strommer, Zimmergesellenstochter, katholisch. Dieselben begleiten zwei Brautjungfern, zwei Brautführer, zwei Zeugen, ein Stellvertreter des alten Vaters des Bräutigams und der Vater der Braut.

|6|

19) Das Brautpaar des königlichen Landgerichts Kronach: Georg Hellmuth, Messerschmiedmeister in Kronach, und Margaretha Grieser, Maurerstochter, katholisch.
Dieselben werden begleitet von einem Brautführer, zwei Brautjungfern, zwei Zeugen und zwei magistratischen Deputirten in altspanischer Tracht mit goldenen Gnadenketten, wie sie dem Stadtrathe von Kronach zur Belohnung der von der Bürgerschaft im dreißigjährigen Kriege bewiesenen Treue und Tapferkeit von dem Fürstbischofe Melchior Otto von Bamberg und Kaiser Karl VI. [Sic!] im Jahre 1651 verliehen, und zu tragen bewilliget worden sind.

Blatt III. Brautpaar 20-35

Das dritte Blatt beendet die Folge der Brautpaare aus Oberfranken und schließt den Zug mit den Paaren aus den Regierungsbezirken Mittelfranken, Unterfranken und Schwaben ab. Unter den relativ kleinen Brautgruppen stechen die großen Gruppen aus Mistelbach im Landgericht Bayreuth am Anfang des Blattes mit 16 Teilnehmern sowie die Gruppe aus dem unterfränkischen Werneck hervor; in beiden Fällen handelte es sich um reiche Bauernfamilien, die der Überlieferung nach Anreise und Ausstattung des Brautpaares selbst finanzierten.

[Fortsetzung Programmtext]

20) Das Brautpaar des königlichen Landgerichts Bayreuth: Johann Nützel, Bauer von Mistelbach, und Kunigunde Nützel, Bauerstochter, protestantisch. Dieselben begleiten zwei Brautjungfern, zwei Brautweiber, zwei Brautführer, ein Stellvertreter des Vaters des Bräutigams, der Vater der Braut, der Taufpathe der Braut, zwei Kinder von 10 und 12 Jahren, und fünf Musikanten, (Hummelmusikanten.)
21) Das Brautpaar des königlichen Landgerichts Rehau: Johann Zech, Zimmergeselle in Rehau, und Margaretha Sammet, Oekonomiebürgerstochter, protestantisch, nebst einem Brautführer und einer Brautjungfer.
22) Das Brautpaar des königlichen Landgerichts Wunsiedl: Johann Nikolaus Küspert, Landwirth von Reichenbach, und Margaretha Barbara Nürnberger, Landwirthstochter, protestantisch. Dieselben begleiten ein Brautführer, eine Brautjungfer, der Vater des Bräutigams, der Vater der Braut, die Mutter der Braut, und der Taufpathe der Braut.

VI. Die Brautzüge aus Mittelfranken.


Ein Fahnenträger mit dem Wappen der Stadt Ansbach.

23) Das Brautpaar des königlichen Landgerichts Eichstätt: Johann Heugl, von Burgheim, und Dorothea Birner, von eben daher, katholisch. Denselben folgen eine Brautjungfer, ein Brautführer und zwei Ehrenväter.
24) Das Brautpaar des königlichen Landgerichts Nürnberg: Andreas Wolfgang Volland, Pächter von Großreuth, und Anna Kunigunde Lauble, protestantisch. Dieselben begleiten ein Brautführer, eine Brautjungfer, ein Ehrenvater, eine Ehrenmutter.
25) Das Brautpaar des königlichen Landgerichts Markt-Bibart: Christop Deinlein und Katharina Wolf, beide von Sugenheim, protestantisch. Dieselben werden begleitet von einem Brautführer, einer Brautjungfer, und zwei Ehrenvätern.

|7|


26) Das Brautpaar des Herrschaftsgerichts Ellingen. Johann Christoph Hartmann, von Suffersheim, und Christine Loy, von Oberhöchstadt, protestantisch. Dieselben begleiten ein Ehrenvater, eine Brautjungfer, eine Ehrenmutter, ein Brautführer.

VII. Die Brautzüge aus Unterfranken und Aschaffenburg.


Ein Fahnenträger mit dem Wappen der Stadt Würzburg.

27) Das Brautpaar der Stadt Würzburg. Adam Geist, Güterschaffner von Würzburg, und Sabine Wirth, katholisch, nebst zwei Zugmännern und sechs Begleitern.
28) Das Brautpaar des königlichen Landgerichts Bischofsheim an der Rhön: Jakob Horbett, Leinwandweber in Wegfurt, und Eva Motter, katholisch. Dieselben begleiten zwei Zeugen, ein Brautführer, eine Brautführerin, und zwei Begleiter.
29) Das Brautpaar des königlichen Landgerichts Werneck: Johann Pfister, Bauer von Schnackenwörth, und Margaretha Treutlein, Bauerstochter, katholisch. Denselben folgen: die Eltern der Brautleute, zwei Zugmänner, zwei Brautführer, (Schmalbursche) zwei Brautjungfern, (Schmaljungfern) und zwei nächste Verwandte.
30) Das Brautpaar des königlichen Landgerichts Euerdorf: Michael Schubert, Bauer von Ebenhausen, und Margaretha Gößmann, katholisch. Dieselben begleiten zwei Zeugen, zwei Brautführerinnen, und drei Begleiter.

VIII. Die Brautzüge aus Schwaben und Neuburg.


Ein Fahnenträger mit dem Wappen der Grafschaft Burgau.

Musik.’
Ein Fahnenträger mit dem Wappen der Stadt Augsburg.

31) Das eine Brautpaar der Stadt Augsburg sind: Johann Michael Ragner, Huker von Augsburg, und Theresia Viktoria Trichter, Metzgerstochter, katholisch. Mit denselben sind zwei Ehrenfrauen, zwei Zeugen, zwei Brautjungfern.
32) Das zweite Brautpaar der Stadt Augsburg. Friedrich Thenn, Metzgermeister in Augsburg, und Rosine Weiß, Schäfflermeisterstochter, protestantisch. Dieselben begleiten zwei Ehrenfrauen, zwei Zeugen und zwei Brautjungfern.

|8|

Sechs Fahnenträger mit den Wappen der Städte Kaufbeuren, Kempten, Lindau, Memmingen, Neuburg und Nördlingen.

33) Das Brautpaar aus dem königlichen Landgerichte Kempten: Konrad Prestel, Schuhmachermeister in heilig Kreuz, und Maria Merz, Tagwerkerstochter, katholisch. Denselben folgen ein Ehrengeselle, ein Ehrenvater, zwei Zeugen, ein Brautführer, eine Ehrenjungfer und eine Ehrenmutter.
34) Das Brautpaar aus dem königlichen Landgerichte Monheim: Mathias Zollenhofer, Lithographie-Steinbrecher in Solnhofen und Barbara Rubmann, Steinbrechers- und Schneiderstochter, protestantisch. Dieselben begleiten zwei Zeugen, zwei Brautführer und zwei Brautjungfern.
35) Das Brautpaar aus dem königlichen Landgerichte Wertingen: Jakob Saule, Söldgütler in Sontheim, und Kreszentia Gerstmayer, Hirtentochter, katholisch, nebst zwei Brautführern, zwei Brautjungfern und zwei Zeugen.

Weiterer Verlauf der Trauung

GriesIm Programm folgt auf die Beschreibung des Brautzuges die Regelung des Festzuges zu den Kirchen und die Details der Trauungen; die Paare nahmen daraufhin ein gemeinsames Essen im Pschorrkeller an der Landsbergerstraße ein und zogen von dort - im von Gustav Kraus wiedergegebenen Zug - zur Theresienwiese und dort an der Königsfamilie vorbei. Ähnlich wie schon 1810 wurden als Huldigung ein Gedicht überreicht und Symbole der Landesteile (entsprechend der Darstellungen am damals gerade erst errichteten Festsaalbau der Münchener Residenz) am Zelt niedergelegt. Zum Abschluss des Festtages wohnten die Brautpaare - auch hier im wahrsten Sinne stellvertretend für das ganze Bayern - gemeinsam mit dem Herrscherhaus dem Hauptrennen bei.

[Fortsetzung Programmtext]

§. 3.
Der Zug nimmt den Weg über den Schrannenplatz auf der Seite des königlichen Regierungs-Gebäudes, und an der Hauptwache vorüber, durchzieht hiernach die Kaufinger- und die Neuhauser-Straße, wo die 24 katholischen Brautpaare mit ihrer Begleitung in die weite Gasse einlenken, und durch das Seitenportal in die königliche Hofkirche zum heiligen Michael eintreten, deren Benützung zur Trauung Seine Majestät der König ausnahmsweise allergnädigst zu bewilligen geruht haben.
§. 4.
Die 11 protestantischen Brautpaare nebst ihren Hochzeitszügen setzen den Weg in der Neuhauser-Straße fort und begeben sich durch das Karlstor über den Karlsplatz zu der Pfarrkirche ihrer Confession.
§. 5.
In der Hofkirche zum heiligen Michael stellen sich die Gebirgsschützen und Bergknappen, welche die Brautzüge begleiten, in den Seitengängen, jene auf der Evangelienseite, diese auf der Epistelseite auf.
Die 24 Brautpaare mit ihren Brautzügen nehmen die Plätze in den Kirchenstühlen ein, welche für sie im vordern Theile des Kirchenschiffes in Bereitschaft gehalten sind.
Dem Publikum ist, so viel es der Raum erlaubt, der Zutritt in den untern Theil der Kirche durch die zwei Hauptportale gestattet.
Für die Gallerien rechts und links des Musikchores, so wie für die Seitenstühle im Pres-
|9| byterium vertheilt der königliche Obersthofmeister-Stab Billetten, deren Besitzer von der Neuhauserstraße her durch das Gebäude der königlichen Akademie der Wissenschaften oder von der Seite der Herzog-Maxburg durch das vormalige Universitäts-Gebäude den Eingang nehmen.
Das aus der weiten Gasse in die Kirche führende Thor, durch welches die Brautzüge eingetreten, bleibt ausschließend für die Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften, wenn dieselben das Oratorium benützen wollten, vorbehalten.
§. 6.
Der Trauungsakt in dieser Kirche wird von drey Geistlichen der Dompfarrei zu Unserer Lieben Frau, von 3 Geistlichen der Sankt Peters-Pfarrei und einem der Pfarrei zu Sankt Anna vorgenommen, und zwar am Hochaltare und den 6 vorderen Altären in folgender Weise:
a) Um 10 Uhr tritt die Pfarrgeistlichkeit aus der Sakristei in die Kirche und begibt sich zu dem Hochaltar. Der Prediger an der Hofkirche zu Sankt Michael, als Ceremoniar für diesen Akt gibt hierauf den Zugführern ein Zeichen, wonach diese, jeder die ihm zugewiesenen Brautpaare auf das Presbyterium vorzuführen hat, wo sich alle ausserhalb des Speisegitters aufstellen.
b) Sofort beginnt der Metropolitan-Pfarrvorstand, von den übrigen mitcopulirenden Geistlichen umgeben, den Trauungsakt nach einem kurzen passenden Vorworte mit den ritualmäßigen Anreden an das versammelte Volk sowohl als an die Brautpaare und dem darauf folgenden Gebete.
c) Ist letzteres beendiget, so bleiben die vier Brautpaare Numero 1., 18., 27., 31. von den Städten München, Bamberg, Würzburg und Augsburg, welche der Metropolitan-Pfarr-Vorstand selbst copulieren wird, im Presbyterium stehen, und es tritt eines nach dem anderen mit seinen Zeugen zur Ablegung des Eheversprechens und zur wirklichen Abschließung der ehelichen Verbindung zu dem Hochaltar vor.
d) Die übrigen 6 Pfarrgeistlichen begeben sich zu den ihnen für diesen Akt angewiesenen Altären; die übrigen 20 Brautpaare aber werden von den Zugführern in die früher eingenommenen Plätze in den Stühlen des Kirchenschiffes zurückbegleitet, und dann gleichfalls jedes Brautpaar einzeln und nacheinander dem betreffenden Geistlichen zur Abnahme des Eheversprechens und zur Abschließung der wirklichen ehelichen Verbindung in der Art zugeführt, daß:
1) an dem ersten (Sankt Ignatius) Altare auf der Evangelien-Seite die 4 Paare Numero 2, 8, 16, 35. (Aus den Landgerichten Starnberg, Landshut, Neunburg vorm Wald und Wertingen).
|10| 2) An dem ersten (heiliger Franziskus Xaverius) Altar auf der Epistel-Seite die 4 Paare Numero 3, 7, 23, 33. (Aus dem Landgerichte Schrobenhausen, der Stadt Passau, den Landgerichten Eichstädt und Kempten).
3) An dem zweiten (Namen Jesus) Altar auf der Evangelien-Seite die 3 Paare Numero 4., 10. und 26. (aus den Landgerichten Kronach und Griesbach).
4) An dem zweiten (heilige Dreifaltigkeits-) Altar auf der Epistel-Seite die 3 Paare Numero 5., 11., 28., (aus dem Landgerichte Rosenheim, der Stadt Pirmasens und dem Landgerichte Bischofsheim an der Rhön). -
5) Am dritten (Maria-Verkündigungs-Altar) auf der Evangelienseite die Paare Numero 6., 14. und 29. (aus den Landgerichten Reichenhall, Hemau und Werneck), endlich
6) am dritten (Sankt Peter und Paul) Altar auf der Epistelseite die 3 Paare Numero 9., 15. und 30. (aus den Landgerichten Straubing, Kemnath und Euerdorf) getraut werden.
Jedes copulirte Paar hat sich nach dem mit ihm vollzogenen Trauungsakte wieder auf seinen Platz in den Kirchenstühlen zu begeben.
e) Ist auf diese Weise die Trauung sämmtlicher Brautpaare gehörig vollzogen, so treten dieselben sammt den Pfarrgeistlichen wieder, wie gleich Anfangs, in das Presbyterium vor, wo der Metropolitan-Pfarrvorstand über alle die weiters vorgeschriebenen Gebete verrichtet, und ihnen den kirchlichen Segen ertheilt.
f) Sodann gehen dieselben abermals in die Kirchenstühle zurück, und wohnen der heiligen Messe bei, welche unmittelbar darauf von dem Metropolitanpfarrer auf dem Hochaltare für dieselben gelesen werden wird.
§. 7.
Die protestantischen Brautpaare mit ihrer Begleitung werden in der Pfarrkirche ihrer Confession von 2 Kirchenvorstehern empfangen, durch die Kirche begleitet, und in die für sie bestimmten Plätze eingewiesen.
Der Trauungsakt ist in folgender Ordnung festgesetzt:
a) Bei dem Eintritt des Zuges in die Kirche beginnt das Orgelspiel und dauert fort, bis die Betheiligten sämmtlich ihre Plätze eingenommen haben.
b) Hierauf folgt Gesang der gemeinde oder des Chores, bei dessen Schluß unter fortwährenden Orgelspielen der funktionirende Geistliche den Altar betritt, sämmtliche Brautpaare in der ihnen bezeichneten Reihenfolge die Stufen desselben umgeben und die Brautführer und Brautjungfern sich hinter ihnen aufstellen.
|11| c) Der funktionirende Geistliche beginnt mit Gebet oder einer kurzen Anrede, verliest die geeigneten Stellen der heiligen Schrift und schließt seinen Vortrag nach der Agende mit dem Vaterunser.
d) Die Brautleute werden nun, je eines nach dem andern vorgerufen, beantworten die an sie gerichteten Fragen, wechseln, wo es möglich ist, die Ringe, reichen sich die Hände, knieen nieder und die Einsegnung findet statt.
e) Nach erfolgter Einsegnung begeben sie sich an ihre Plätze während eines Chorgesangs zurück, der Geistliche spricht das Schlußgebet und Ertheilt den Segen.
§. 8.
Sobald in jeder der beiden Kirchen die Trauung sämmtlicher Paare beendiget ist, was in der protestantischen Kirche bis 11 Uhr, in der katholischen bis gegen 12 Uhr der Fall seyn dürfte, ziehen sämmtliche Brautzüge miteinander und in derselben Ordnung, wie sie die Kirche betreten haben, wieder aus denselben ab.
Sie begeben sich in geordnetem Zuge durch die Bayer- und Landsbergerstraße in das mit hinreichend geräumigen Lokalen versehene Kellergebäude der Bierbrauer Gebrüder Georg und Mathias Pschorr and der Landsbergerstraße unweit der Theresienwiese, um ein kurzes Mittagsessen, welches ihnen von der Stadt München gegeben wird, einzunehmen.
§. 9.
Gegen die Stunde, zu welcher die Abfahrt der Allerhöchsten und Höchsten Herrschaften aus der Residenz zum Oktoberfeste festgesetzt werden wird, ordnet sich der Festzug der Brautleute und deren Begleitung, damit, sobald Seine Majestät der König auf der Festwiese angekommen seyn, und die Erlaubniß allergnädigst ertheilt haben werden, der Zug über die Festwiese und am königlichen Pavillion vorüber sich in Bewegung setzen kann.
§. 10.
Die Ordnung des Zuges ist hiebei dieselbe, wie früher bei dem Kirchenzuge, wird jedoch durch Vortragung einer Standarte mit dem Wappen des Königreichs eröffnet, sowie in dem Zug selbst Fahnen und Standarten mit den Provinzial-Wappen, wie sie in dem Wappenschild des Königreichs aufgenommen sind, dann denen von Städten und Märkten, aus welchen die verschiedenen Brautzüge hieher gekommen sind, gehörigen Ortes eingetheilt.
§. 11.
Am königlichen Pavillion überreicht das Brautpaar der Stadt München Ihren Majestäten dem Könige und der Königin und Ihren Königlichen Hoheiten dem Kronprinzen und der Kronprinzessin ein Huldigungs- und Festgedicht.
|12| Außerdem legen andere acht Brautpaare, je eines aus jedem Regierungsbezirke Emblemen dieser Bezirke, wie sie von den auf dem Saalbau der Königlichen Residenz dahier befindlichen Statuen getragen werden, ehrfurchtsvollst vor Seiner Majestät dem Könige nieder.
§. 12.
Sobald die Brautzüge vor Ihren Majestäten vorübergezogen, stellen sich die Schützen von Lengries, Wackersberg und Reichenhall, sowie die Bergknappen von Amberg am rechten Flügel der auf der Festwiese aufgestellten Landwehrabtheilungen auf; die Brautpaare aber mit ihrer Begleitung begeben sich auf die für sie bereit gehaltenen zwei Tribunen, dem Königlichen Pavillon gegenüber, um dem landwirthschaftlichen Feste und dem Pferderennen als Zuschauer beizuwohnen.

München den 15. Oktober 1842.
Der Magistrat der königlichen Haupt- und Residenzstadt München.
von Steinsdorf, Bürgermeister.

Lachmayr, Sekretär.