Martin Luther, De captivitate babylonica ecclesiae, Wittenberg 1520 (Bayerische Staatsbibliothek, 4 A.gr.b. 969#Beibd.2)

„De captivitate babylonica ecclesiae“, deutsch „Von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche“, ist eines der theologischen Hauptwerke Luthers. Sein Titel spielt auf das 6. Jahrhundert v. Chr. an, als babylonische Eroberer Teile der Bevölkerung Judäas ins Exil nach Babylon vertrieben. Neben „Von der Freiheit eines Christenmenschen“ und „An den christlichen Adel deutscher Nation“ gilt die Arbeit als eine der drei bedeutendsten reformatorischen Flugschriften. Alle drei erschienen in der zweiten Hälfte des Jahres 1520.

In „De captivitate babylonica“ streitet Luther erstmalig die Existenz der sieben Sakramente ab, von denen er nur die Buße, die Taufe und das Abendmahl anerkennt. Firmung, Ehe, Weihe und letzte Ölung lehnt er dagegen ab. Sakramente seien ausschließlich von Gott selbst gestiftete Zeichen. Am Ende der Schrift lässt er nur mehr die Taufe und das Abendmahl gelten.

In dieser Argumentation kommt Luthers Fundamentalkritik an der katholischen Amtskirche zum Ausdruck. Er greift damit die Kompetenzen der Priester und die Autorität des Papstes als deren Oberhaupt in ihrem Kern an.

Die Flugschrift fand reißenden Absatz und erschien in mehreren, kurz aufeinander folgenden Auflagen. In der irrigen Annahme, er könne Luther damit öffentlich bloßstellen, erstellte der Luther-Gegner Thomas Murner (1475-1537) noch 1520 eine deutsche Fassung. Humanistische Kreise und Kleriker, die bisher mit Luther sympathisiert hatten, wandten sich allerdings teilweise nun tatsächlich von Luther ab: Seine Thesen waren ihnen zu radikal geworden.

Bei der hier gezeigten Ausgabe handelt es sich um den Erstdruck der Schrift, erschienen 1520 bei Melchior Lotter in Wittenberg.

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