Frühe Tonaufnahmen traditioneller und populärer Tanz- und Unterhaltungsmusik

Musik ist im 20. Jahrhundert durch ihre audiotechnische Reproduzierbarkeit zum Bestandteil des Alltags geworden. Existierte sie vorher nur situationsbezogen in ihrer klanglichen Realisierung – beispielsweise im Konzert- oder Tanzsaal –, so war sie mit Beginn des Medienzeitalters überall und jederzeit verfügbar. Um 1907 erlebte die Schallplattenindustrie einen gewaltigen Aufschwung. Es ist dies die Zeit, in der auch die ersten Plattenaufnahmen fränkischer »Bauern-Kapellen« entstanden, nicht als ethnographische Volksmusik-Aufnahmen durch Sammler oder Wissenschaftler sondern aus kommerziellem Interesse auf handelsüblichen Industrieschallplatten.

Die Musik, um die es geht, lief nicht unter dem national oder ethnisch aufgeladenen Begriff Volksmusik, der bis in die 1930er Jahre dem Volkslied vorbehalten war. Es war das Bayern- und Bauern-Genre der Tanz- und Unterhaltungsmusik, das breites Interesse bei den Rezipienten fand und dank der technischen Reproduzierbarkeit unabhängig von Bierzelt und Tanzboden jederzeit verfügbar wurde. Da die Produktionsweise auch kleine Stückzahlen erlaubte, wurden bis kurz nach dem Ersten Weltkrieg offenbar auch ländliche Märkte und sogar regionale Segmente bedient. Die fast untergegangene Praxis des ungebundenen Tanzmusikspiels – ohne Noten und meist frei improvisiert – ist auf einer großen Zahl von Schellack-Aufnahmen überliefert.

Die in bavarikon angebotene Auswahl aus dem Schallarchiv der Forschungsstelle belegt einerseits besondere regionale Stile und Spielgewohnheiten. Sie zeigt andererseits, dass Konsumenten außer an der lokalen Musik auch am Genre insgesamt interessiert waren und Produzenten dies durchaus in ihr Kalkül einbezogen, indem sie die Schallplatten für den Export in europäische Länder und die USA bereithielten.

>> Diese Sammlung ist ein Bestand der Forschungsstelle für fränkische Volksmusik.