Beschreibung
Das Evangeliar, das einen der schönsten ottonischen Goldbuchdeckel besitzt, kam als Geschenk Kaiser Heinrichs II. (1002-1024) an den Bamberger Dom. Das Hauptthema mittelalterlicher Bucheinbände, die Verherrlichung Christi, ist zeichenhaft in außerordentlich kunstreicher Goldschmiedearbeit gestaltet. Das die Komposition beherrschende Kreuz mit großem ovalem Achat in der Mitte ist als Crux gemmata Triumph- und Siegeskreuz. Die getriebenen gegenständigen Tiere in den Kreuzecken können als Paradiesessymbole gedeutet werden. Mit der Aussage des Einbands steht die ungewöhnliche bildliche Dekoration des Evangeliars, die sich in wenigen Miniaturen konzentriert, in Einklang. Das Eingangsbild zeigt Christus als Sieger und Lebensquell im Paradiesesbaum stehend, umgeben von Paradiesesflüssen und Evangelistensymbolen. In den Bogenfeldern der Evangelistenbilder wird jedem Evangelistensymbol eines der großen Heilsereignisse zugeordnet. Der Engel des Matthäus weist auf Menschwerdung und Wiederkunft Christi hin, die in der gekrönten Christusfigur Gestalt gewinnen. Dem Markuslöwen ist der auferstehende Christus beigesellt, dem Lukasstier das Opferlamm und dem Johannesadler der zum Himmel auffahrende Christus. Die zwölf Kanontafeln am Anfang der Handschrift haben figürliche Motive als Bogen- und Giebelbesatz: Vögel, aber auch Handwerker und die vier Jahreszeiten. Überaus selten in der frühmittelalterlichen Kunst und einmalig in den Werken der Reichenauer Malschule ist die Erscheinung der Tierkreiszeichen auf den sechs letzten Kanontafeln. Die Handschrift wurde zusammen mit anderen Reichenauer Codices 2003 in das UNESCO-Weltdokumentenerbe aufgenommen. Datum: 2016
Autor
Béatrice Hernad