Beschreibung
Mit 10.000 Soldaten besaß Ulm um 1900 eine der größten Garnisonen im Kaiserreich. Den 1905 vom Reichskriegsministerium ausgeschriebenen Wettbewerb für eine evangelische Garnisonskirche gewann Theodor Fischer vor seinem Lehrer Friedrich von Thiersch. In Umkehrung herkömmlicher Kirchengrundrisse bildete Fischer im Westen eine Apsis mit vorgelagerter Eingangshalle aus. Im Osten akzentuieren zwei Türme in Form von Granaten den Kirchenbau.
Fischer entwarf eine Saalkirche, um einen stützenfreien Raum mit guter Sicht und Akustik für eine große Versammlung zu schaffen. Die damals enorme Spannweite von 25 Metern ermöglichten Stahlbetonbinder, die Fischer nach dem optischen Eindruck und nicht nach statischer Berechnung formte ("Fischerbögen").
Der in Deutschland erstmalige Einsatz von Sichtbeton bei einem Sakralbau wirkte zur Entstehungszeit revolutionär. Auch die am Außenbau hervortretenden Strebepfeiler lassen die Konstruktion des Baus nachvollziehen, sodass das Tragwerk selbst zum architektonischen Ausdrucksmittel wird. Der junge Architekt Le Corbusier (1887-1965) war 1910 bei seiner Deutschlandreise von dem Bau so begeistert, dass er sich um eine Anstellung bei Fischer bemühte.
Das imposante originale Gipsmodell übereignete die Ulmer Paulusgemeinde im Jahr 2000 der Architektursammlung.