Kultbäumchen – Keltischer Bauernkult

Archäologische Staatssammlung München

Beschreibung

In einer Grube in der keltischen Großsiedlung von Manching wurden 1984 Blattgoldteilchen gefunden. Eine Blockbergung ermöglichte es dann in den Restaurierungswerkstätten ein Goldbäumchen mit Efeublättern, Eicheln und Knospen freizupräparieren. Es hatte einen 70 cm hohen kreisaugenverzierten goldplattierten geschwungenen Stamm und einen 16,5 cm langen Ast, der ebenfalls mit Goldblech ummantelt war. Die neun herzförmigen Efeublätter sind bis auf ein Exemplar an u-förmig gebogenen, angenieteten Stängeln aus Bronze in den Stamm eingesteckt.

Das Bäumchen wird als ein mit Efeu umrankter Eichenspross interpretiert. Es ist denkbar, dass das transportable Manchinger Bäumchen in feierlichen Prozessionen als sakrales Gerät mitgeführt wurde. Kultische Handlungen waren an heilige Haine gebunden. Eichen und Misteln spielen dabei in keltischen Naturheiligtümern eine bedeutende Rolle.

Das Goldbäumchen wurde als Ensemble vergraben: man fand in den Erdschichten Gestellvorrichtungen aus Eisen und Bronze, zudem größere Blattgoldflächen, die ehemals wohl einen reich ornamentierten Kasten schmückten, der als Behälter für das Bäumchen diente. Details der Herstellungsart, wie z. B. die Nutzung von Wollfett zur Fixierung der Goldfolie und die Verzierung des Behälters mit der typisch keltischen Dreiwirbelzier, lassen an heimische Fertigung denken. Die Blätter des Bäumchens sind hingegen in einer Technik gearbeitet, deren Vorbilder man bisher nur aus Werkstätten im unteritalischen Tarent kennt.

Autor

Archäologische Staatssammlung München

Rechtehinweis Beschreibung

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