Bleitafel aus dem Ossuar der Herzogin Judith

Archäologische Staatssammlung München

Beschreibung

»Im Jahre des Herrn 980 (richtig: nach 985) starb die allerfrömmste Judith Gisela, Herzogin von Bayern und Gründerin dieses Klosters« – mehr ist der knappen Inschrift auf der Bleitafel nicht zu entnehmen. Sie stammt aus einem steinernen Gebeinbehälter, der 1966 bei den Grabungen in der ehemaligen Stiftskirche Niedermünster vor dem Hauptaltar entdeckt wurde. Das seit der Karolingerzeit bestehende Damenstift wurde während des 10. Jahrhunderts erneuert. Bestattet wurden dort Herzog Heinrich I. von Bayern (948–955), unter dessen Herrschaft Bayern die größte Ausdehnung seiner Geschichte erlangte, und seine Gemahlin Judith, die dem bayerischen Geschlecht der Luitpoldinger entstammte. Sie gilt als bedeutendste Frauengestalt der politischen Geschichte Bayerns im Mittelalter und verbrachte ihre letzten Lebensjahre im Niedermünster. Obwohl der Aufbau des Textes durchaus anderen Bleitafeln des 10. bis 15. Jahrhunderts entspricht, deuten einzelne Buchstabenformen auf das 17. Jahrhundert hin. Da die Herzogin bis zum Barock mehrmals vor Ort umgebettet wurde, bestanden durchaus Gelegenheiten, eine Bleitafel zu entnehmen und zu erneuern. Auf dauerhaftem Material verfasst, sollte der Text bei einer zukünftigen Graböffnung verbürgen, dass hier die echten Gebeine der als Stiftsgründerin verehrten Herzogin ruhen. Angesichts des blühenden und lukrativen Reliquienkults waren die Gläubigen auf Authentizität angewiesen; denn es gab viel Betrug mit vermeintlichen Überresten gefälschter Heiliger.

Autor

Archäologische Staatssammlung München

Rechtehinweis Beschreibung

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