Sichelförmige Monde vom Königszelt auf der Theresienwiese 1810

Bayerisches Armeemuseum

Beschreibung

Zur Hochzeit des bayerischen Kronprinzen Ludwig (1786-1868) mit Therese von Sachsen-Hildburghausen (1792-1854) im Jahr 1810 wurde ein großes öffentliches Fest veranstaltet. Weil es so viel Anklang fand, entwickelte sich daraus das jährliche Oktoberfest. Teil des Festes war ein Pferderennen, das auf der nach der Prinzessin benannten Theresienwiese stattfand. Hier hatte der König mit Familie und Ehrengästen eine eigene Tribüne. Um diese prächtig auszustatten, wurde das Dach eines im 17. Jahrhundert erbeuteten osmanischen Zeltes darüber aufgespannt. Es handelte sich wohl um das große Zelt "auf zwei Stangen", das im Inventar des kurfürstlichen Zeughauses von 1776 erwähnt wird, und das heute leider verloren ist.

Erhalten haben sich die beiden Mondsicheln, die auf die Stangen oben aufgesteckt wurden. Die Monde haben Gesichter: Augen, Nase, Mund und Kinn sind deutlich plastisch herausgearbeitet. Monde mit Gesichtern passen nicht in die islamische Kultur, sie sind eine europäische Erfindung. Es handelt sich also um eine Zutat aus dem bayerischen Kunsthandwerk. Das Motiv der Mondsichel spielt zwar auch im osmanischen Reich eine große Rolle, aber erst in europäischer Perspektive wurde es zu einem eindeutigen Symbol für den Orient. Vielleicht wurden die Monde für das Pferderennen 1810 angefertigt, vielleicht sind sie aber auch schon etwas älter. Denn die osmanischen Zelte wurden seit ihrer Erbeutung immer wieder für Feste der Wittelsbacher verwendet, und orientalische Motive waren dabei sehr beliebt.

Autor

Dr. Ansgar Reiß

Rechtehinweis Beschreibung

CC BY-NC-ND 4.0