Bayerische Staatsbibliothek München - Cgm
Deutschsprachige Handschriften
Grundsignatur Cgm - Codices germanici monacenses
Cgm 125
Gebetbuch
Das für die private Andacht verwendete Gebetbuch entstand Ende des 15. Jahrhunderts in Regensburg. Die 217 Blätter zählende Pergamenthandschrift weist starke Gebrauchsspuren auf. Die Gebetstexte sind einspaltig angeordnet und in gotischen Minuskeln ausgeführt. Die 68 Bildeinschlussinitialen zeigen Szenen aus dem Leben Christi und Ereignisse aus verschiedenen Heiligenlegenden. Einige Ranken sind zusätzlich mit Drolerien geschmückt. Für das Jahr 1773 findet sich auf fol. 2r ein Besitzervermerk "Bibliothecam S. Michaelis Archangelis in Metten 1773" . Auf welchem Wege die kleinformatige Handschrift (12 x 0,9 cm) nach Metten gelangte, ist bis heute unklar.
Wolfgang Neiser, Regensburg
Cgm 502 und 503
Deutsche Bibel (Altes Testament)
Das vom Schreiber Georg Rorer 1463 in Regensburg angefertigte zweibändige Alte Testament (deutsch) umfasst im ersten Band 222 und im zweiten Band 288 Pergamentblätter. Das ebenfalls zweibändige Alte Testament der Universitätsbibliothek Augsburg (Cod. I.3.2° III/IV), dessen Miniaturen von Berthold Furtmeyr stammen, wurde vom selben Schreiber angefertigt.
Die Miniaturen im ersten Band sind als Federzeichnungen vorhanden und teilweise nicht farbig ausgeführt. Wie im ersten Band findet sich auch im zweiten Band zu Beginn jedes biblischen Buches eine mit Wasserfarben kolorierte Bildeinschlussinitiale. In die Abfolge des Pentateuch (fünf Bücher Moses) wird vom Schreiber aufgrund seiner Vorlage, die er akribisch kopiert, nach dem Buch Levitikus das Matthäusevangelium eingeschoben. Diese Anordnung findet sich auch im ersten Band des 1465 von der Hand Rorers stammenden und von Furtmeyr illuminierten Alten Testaments, das sich heute in der British Library (MS Egerton 1895) befindet. Alle drei illuminierten und von Rorer geschriebenen Handschriften dienen vorrangig einem repräsentativen Zweck, der nicht auf eine lesende, sondern auf eine visuelle Rezeption bezogen werden kann. Aus dem Besitz des oberbayerischen Augustiner-Chorherrenstiftes in Rottenbuch (Cgm 503, fol. 1r) gelangte die Handschrift im Zuge der Säkularisation nach München.
Wolfgang Neiser, Regensburg
Cgm 8010a
Furtmeyr-Bibel
Das von Berthold Furtmeyr illuminierte Alte Testament enthält die biblischen Bücher von Genesis bis Rut in der Anordnung der Vulgata. Die deutsche Übersetzung der lateinischen Bibel, deren Gebrauch als Hausbibel zum einen als Repräsentationsobjekt, zum anderen auch als Ausdruck einer theologisch interessierten Bildungsschicht angesehen werden kann, ist in ihrem mittelbairischen Dialekt dem Übersetzungskreis zuzuordnen, dem auch die Wenzelsbibel (Österreichische Nationalbibliothek, Cod. 2759–2764) angehört.
Der Schriftspiegel ist zweispaltig zu jeweils 40 Zeilen gegliedert. Der Textfluss ist in einer regelmäßigen gotischen Buchschrift gehalten. Die 388 Pergamentblätter weisen eine Größe von 39,5 x 29,5 cm auf. Der Holzdeckel misst 40,5 x 30 cm und war ursprünglich mit einem heute nur noch in Resten sichtbaren braunen Ledereinband überzogen. Dagegen dürfte der heutige hellbraune Ledereinband mit Goldprägung auf das 17./18. Jahrhundert zu datieren sein. Die in der Handschrift enthaltenen Miniaturen sind in Deckfarbenmalerei unter Verwendung von Blattgold ausgeführt. Für die 3 Vollbilder, 21 Bildeinschlussinitialen, 332 Miniaturen und zahlreichen Blumen- oder Fruchtranken verwendet Furtmeyr mineralische und pflanzliche Farbpigmente. Die Materialität der Handschrift spiegelt deren Wert und Kostbarkeit wider.
Die Handschrift entstand in den Jahren 1465-1470 für die Familie Ulrich von Stauff zu Ehrenfels und Clara Hofer von Lobenstein. Sie gelangte während des sogenannten Löwlerkrieges, vermutlich bei der Einnahme der Hofmark Sünching, 1491 in die Bibliothek Herzog Albrechts IV. (1447-1508) nach München. Anno 1632 kam das Alte Testament nach der Eroberung Münchens und der Plünderung der Hofbibliothek in den Besitz Herzog Wilhelms von Sachsen-Weimar (1598-1662), zwischen 1640 und 1647 wurde das Buch in die Bibliothek Herzog Ernst des Frommen von Sachsen-Gotha-Altenburg (1601-1675) nach Gotha überführt. Nach dem ersten Weltkrieg war die Handschrift Teil der Landesbibliothek Gotha (Stiftungserlass von 1928). 1945 wurde die Handschrift mit anderen Kunstgegenständen nach Coburg gebracht. Fünf Jahre später wurde sie an das Londoner Antiquariat Sinelnikov verkauft. Über Stockholm und die USA kam die Handschrift 1959 in das Züricher Antiquariat von August Laube. Die Bayerische Staatsbibliothek konnte das Buch 1960 erwerben.
Die Entstehungszeit der Handschrift ist um 1465-1470 zu verorten; mit dem zweibändigen Exemplar eines Alten Testamentes in der British Library, entstanden in Regensburg um 1465 (MS Egerton 1895/1896), gibt es einen ersten Fixpunkt zur Datierung und mit dem ebenfalls zweibändigen Exemplar der Universitätsbibliothek Augsburg (Cod. I.3.2°III/IV), angefertigt in den Jahren 1470 bis 1472 für den Bruder des Auftraggebers Hans Stauff zu Ehrenfels, einen "terminus ante quem" . Dieser Zeitraum wird durch das Todesjahr Ulrichs von Stauff zu Ehrenfels 1472 gestützt.
Das Münchener Alte Testament (Cgm 8010a) weist im Unterschied zu den beiden anderen Ausgaben des Alten Testamentes keinen zweiten Band auf und beinhaltet in der Reihenfolge keine Einbindung der ersten fünf Kapitel aus dem Matthäusevangelium zwischen den Büchern Deuteronomium und Ijob.
Die Miniaturen sind, anders als im Londoner Exemplar, sämtlich in den Schriftspiegel eingepasst. Die meist monochromen und schattierten Rahmen der Miniaturen füllen nach dem Ende des Textes in einer etwas seltsam anmutenden Konstruktion auch die Leerräume der Zeile aus. Dadurch wird zwischen Bild und Text ein enger Bezug hergestellt. Beide bilden einen integralen Bestandteil der Seitengestaltung. Die kleinformatigen Bilder, überwiegend in einer quadratischen Grundausrichtung in der Größe 0,6 x 0,6 cm, gliedern den Text und bilden einen optischen Kristallisationspunkt des Erzählstoffes. Die Miniaturen gehen in ihrer Ausgestaltung über eine reine Illustration des Textes hinaus. In ihrer narrativen Struktur führen sie dem Betrachter den Höhepunkt der Erzählung und zugleich die dramatische Wende des Stoffes vor Augen. Für die Fülle seiner Miniaturen greift Furtmeyr bekannte ikonografische Muster und Vorlagen auf. Zugleich entwickelt er jedoch aus einer genauen Kenntnis des Bibeltextes neue bildliche Darstellungen.
Die Miniaturen von Berthold Furtmeyr zeichnen sich durch eine atmosphärische Verdichtung aus. Dabei integriert der Buchmaler in der Verbindung von Raum und Zeit auf meisterhafte Weise Landschaften, die Üppigkeit der Natur und den menschlichen Körper.
Jede Eröffnungsseite eines biblischen Buches ist neben der Initiale mit einer üppigen floralen Ranke (Cgm 8010a, fol.184r) geschmückt. Die an der Natur orientierte Darstellung von Blumen, Früchten und sich in Blatt- und Astwerk tummelnden Tieren (Cgm 8010a, fol.167r , fol. 174v) weist noch nicht die fast surreale Erscheinungsform des Rankenornaments des Salzburger Missale (Bayerische Staatsbibliothek München, Clm 15708-15712) auf.
Wolfgang Neiser, Regensburg