Martin Luther, Von den Juden und ihren Lügen, Wittenberg 1543 (Bayerische Staatsbibliothek, 4 Polem. 1874)

In seinen letzten Lebensjahren begegnete Luther den Juden mit Feindschaft und Hass. Sein geradezu euphorischer Optimismus aus den überaus erfolgreichen 1520er Jahren war in einen tiefsitzenden Frust umgeschlagen. Zunehmend erwies es sich als schwierig, die Reformation weiter voran zu bringen. Neben dem Papst, den von ihm pauschal als „Türken“ bezeichneten Osmanen und radikalen reformatorischen Strömungen machte Luther vor allem die Juden dafür verantwortlich.

Am massivsten kommt dies in der Schrift „Von den Juden und ihren Lügen“ zum Ausdruck, die Luther 1543 publizierte. Luther äußert sich darin in einem enorm aggressiven Tonfall. Die einst von ihm geäußerte Hoffnung auf eine Bekehrung der Juden zum Christentum ist verflogen. Seiner Ansicht nach legten Juden die Bibel absichtlich falsch aus, um Christen in die Irre zu führen. Zudem stünden sie im Bund mit dem Teufel, weshalb man sie unerbittlich bekämpfen müsse. Handel und Geldverleih seien ihnen zu untersagen, ihre Häuser und Synagogen niederzubrennen. Da sie eine Gefahr für das Gemeinwesen darstellten, sollten sie letztlich des Landes verwiesen werden.

Luthers Antijudaismus kann zwar nicht mit dem rassischen Antisemitismus des 20. Jahrhunderts gleichgesetzt werden. Allerdings diente er ihm als Vorlage und Rechtfertigung: So benutzte die NS-Propaganda Luthers Thesen, um die Judenverfolgung historisch-theologisch zu legitimieren. NS-Politiker sahen den Reformator als ihren Wegbereiter an.

Zum Digitalisat