Nachlass Heinrich Wilhelm von Gerstenberg (1737-1823) - Gerstenbergiana

Der Literaturkritiker, Lyriker, Dramatiker und Philosoph Heinrich Wilhelm von Gerstenberg (1737-1823) gilt mit seinen Literaturbriefen und der Tragödie "Ugolino" (1768) als einer der Wegbereiter des Sturm und Drang und hatte auch mit seiner Lyrik Einfluss auf den jungen Dichter Johann Wolfgang Goethe (1749-1832).

Nach dem Besuch des Christianeums in Hamburg-Altona, nahm Gerstenberg ab 1757 zunächst ein Studium der Rechtswissenschaft an der Universität Jena auf, das er jedoch zwei Jahre später abbrach. Im gleichen Jahr 1759 gab Gerstenberg mit seinen "Tändeleyen" ein erfolgreiches literarisches Debut. Noch in seinem ersten Studienjahr an der Universität Jena trat Gerstenberg der "Deutschen Gesellschaft" bei, einer in der Zeit des Spätbarocks und der Aufklärung in Leipzig ansässigen Sprachgesellschaft, die sich für die Förderung und Emanzipation der deutschen Sprache gegenüber den vorherrschenden Sprachen Französisch und Latein einsetzte. Im diesem Kontext knüpfte er erste literarisch bedeutsame Kontakte, u. a. mit dem Schriftsteller Matthias Claudius (1740-1815).

1765 ließ sich Gerstenberg mit seiner Familie in Kopenhagen nieder. Dort verkehrte er im Salon des Diplomaten Johann Hartwig Ernst von Bernstorff (1712–1772) und im literarischen Kreis um Friedrich Gottlieb Klopstock (1724–1803). Sukzessive bildete sich auch um Gerstenberg ein kleiner Zirkel literatur- und musikinteressierter Personen. Darüber hinaus unterhielt er ausgedehnte Briefwechsel mit einflussreichen Persönlichkeiten wie Johann Gottfried Herder (1744-1803), Friedrich Nicolai (1733-1811) und einigen Mitgliedern des "Göttinger Hainbunds", einer literarischen Vereinigung, die der Bewegung des Sturm und Drang zugeneigt war und der beispielsweise auch Claudius und Klopstock nahestanden. In dieser Phase entstanden auch Gerstenbergs wichtigste Werke, das "Gedicht eines Skalden" (1766) und die "Schleswiger Literaturbriefe" (1766–1770). In seinem 20. Literaturbrief formulierte er erstmals wesentliche Momente des Genie-Begriffs. Trotz seines literarischen Erfolgs gehört Gerstenberg zu den Literaten, die bereits zu ihren Lebzeiten weitestgehend in Vergessenheit gerieten. Er verstarb am 1. November 1823 im Alter von 86 Jahren in Altona.

Der fragmentarische Nachlass Gerstenbergs wurde zunächst durch den Altphilologen und Bibliothekar Karl Felix von Halm (1809-1882) erworben, der die wertvollen Teile mutmaßlich in seine eigene Autographensammlung integrierte. Der übrige Nachlass wurde Ende der 1880er-Jahre durch den Bibliothekar Georg von Laubmann (1843–1909) der Handschriftenabteilung der Hof- und Staatsbibliothek, der Vorläuferinstitution der Bayerischen Staatsbibliothek, übergeben. Der Bestand umfasst drei Schachteln und enthält neben einem literarischen Tagebuch mit Gedichtabschriften, eigenen Gedichten, Notizen und Entwürfen aus den Jahren 1751–1756 auch Korrespondenzen und Korrespondenzentwürfe Gerstenbergs.

Aus seinem Nachlass wurde für bavarikon das Poetische Tagebuch digitalisiert. Es enthält neben eigenen Gedichten und kritischen Abhandlungen eine Art Leseliste auf der ersten Seite.

>> Dieser Nachlass gehört zur Sammlung "Nachlässe" aus dem Bestand der Bayerischen Staatsbibliothek.