Verfassungsjubiläen

Im 19. Jahrhundert etablierten sich – zunächst als Teil des monarchischen Festprogramms – verschiedene neue Arten von Jubiläumsfeiern. Neben Regierungs– und Dynastiejubiläen, Geburts– und Hochzeitsfeierlichkeiten traten Verfassungsfeiern und Militärjubiläen.

Auch die Jahrestage der bayerischen Verfassung von 1818 wurden gefeiert, jedoch änderte sich im Laufe der Jahre die Ausrichtung. Bei der Grundsteinlegung der Konstitutionssäule von Gaibach 1821 feierte Kronprinz Ludwig (1786–1868, König 1825–1848), der spätere König Ludwig I. mit. Zusammen mit dem 25–jährigen Regierungsjubiläum König Max I. Joseph (1756–1825, König ab 1806) beging man in Bayern 1824 das Jubiläum der Verfassung.

In die Feierlichkeiten wurde auch die bereits 1819 herausgegebene Konstitutionsmünze einbezogen: Sie wurde Schülern und anderen interessierten Personen gezeigt und ihre Bedeutung erläutert.

Nach 1824 rangen unterschiedliche politische Strömungen um die Deutungshoheit über die Verfassungsfeierlichkeiten. König Ludwig I. nahm 1828 an der Einweihung der Verfassungssäule von Gaibach teil. Mit der Julirevolution in Frankreich endeten jedoch 1831 der Reformkurs des bayerischen Königs und seine Begeisterung für Verfassungsjubiläen. Der König ließ sich fortan nicht mehr als Verfassungssymbol inszenieren.

Zum 16. Jahrestag der bayerischen Verfassung luden die Bürger von Neustadt in der damals bayerischen Pfalz zum Hambacher Fest und forderten Verfassungsreformen sowie die nationale Einheit. Die Organisatoren des Festes wurden verfolgt und bestraft. Die Angst der bayerischen Regierung und des Monarchen vor der „Politisierung“ von Verfassungsfesten zeigt sich in den Feierlichkeiten zum 25–jährigen Verfassungsjubiläum: Das Denkmal Max I. Joseph in München durfte dekoriert werden und in der Hofkirche gab es einen Festgottesdienst. Ein öffentlicher Festzug der beiden Landtagskammern wurde allerdings verboten. Ähnlich verliefen die Feiern zum 50–jährigen Jubiläum.

Kurz vor dem Ende der bayerischen Monarchie feierte man im Mai 1918 in München den 100. Jahrestag der Verfassung. König Ludwig III. (1845–1921, 1912–1913 Regent, 1913–1918 König) nahm an Festgottesdienst und Festakt teil, Jubiläumsmünzen wurden geprägt, Orden verliehen und eine Festschrift des Historikers Michael Doeberl (1861–1928) herausgegeben. König und Regierung versäumten oder vermieden es aber, das Verfassungsjubiläum zu nutzen und Reformbereitschaft zu demonstrieren.

Mit dem formalen Ende ihrer Gültigkeit nahm die Begeisterung für die bayerische Verfassung von 1818 nicht ab. Nach wie vor werden die runden und halbrunden Jahrestage gefeiert.