Von der Ständeversammlung zum Landtag
Die Ständeversammlung, ab 1848 als Landtag bezeichnet, war nach dem Vorbild des englischen Zweikammersystems eingerichtet. Beide Kammern tagten gleichzeitig, jedoch räumlich getrennt. Die in der Verfassung verankerten Aufgaben waren v.a. Steuerbewilligung, Budgetrecht, Gesetzesinitiative sowie Petitions- und Beschwerderecht.
Die Einwirkung auf die Legislative war insofern eingeschränkt, als Gesetze formell nur nach Zustimmung und Unterschrift des Königs wirksam werden konnten. Nur bei Verfassungsgesetzen war zudem die Zustimmung beider Kammern vorgesehen. Auf die Exekutive hatte die Versammlung keinen Einfluss. Nur mittels einer Ministeranklage bestand die theoretische Möglichkeit, gegen Verfassungsverletzungen der Regierung vorzugehen. Dem König oblag hingegen Einberufung, Vertagung oder Auflösung des Landtags.
Die erste Kammer umfasste erbliche und vom König ernannte Reichsräte, während die zweite aus gewählten Abgeordneten bestand. Erstere setzte sich einerseits aus erblichen Mitgliedern (den Prinzen des königlichen Hauses, den Kronbeamten, zwei Erzbischöfen, den Häuptern der ehemals reichsständischen fürstlichen und gräflichen Häuser, einem vom König ernannten Bischof und dem Präsidenten des Generalkonsistoriums) zusammen. Andererseits konnte der König Reichsräte auf Lebenszeit oder erblich ernennen. Bis 1918 änderte sich die Zusammensetzung der Ersten Kammer im Gegensatz zur Kammer der Abgeordneten nicht.
Die Kammer der Abgeordneten (oder zweite Kammer) umfasste fünf Klassen: 12,5 % adelige Grundbesitzer, je ein Vertreter der Universitäten Landshut, Erlangen und Würzburg, 12,5 % katholische und protestantische Geistliche, 25 % Städte und Märkte mit mehr als 500 Familien und 50 % Landeigentümer ohne gutsherrliche Gerichtsbarkeit. Die Wahl fand nach einem Zensuswahlrecht auf sechs Jahre statt, das den Grundbesitz begünstigte und nur bedingt repräsentativ war. Insgesamt besaßen 1,6 % der Bevölkerung passives und 6 % aktives Wahlrecht.
Die Wahl war indirekt und öffentlich, das Wahlrecht wurde bis 1918 mehrfach novelliert (1848, 1881 und 1906). Im Jahr 1818 kam ein Abgeordneter auf insgesamt 7.000 Familien (31.875 Einwohner). Bis zum Ende der Monarchie fanden 36 Landtage (21 Wahlperioden) statt.