Forderungen nach sozialen Reformen, Petition Gewerkschaften Rosenheim

Eine der zentralen Forderungen der sozialdemokratischen Arbeiterschaft in Bayern in den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg war eine staatlich organisierte Arbeitslosenversicherung. Zwar waren Erwerbslose zu Beginn des 20. Jahrhunderts kein Flächenphänomen im Königreich Bayern. Aber dieses soziale Problem betraf die größeren Städte. Bis 1918 wurden Arbeitslose lediglich durch kirchliche, private oder gewerkschaftliche Zuwendungen unterstützt. Griffen diese Unterstützungen nicht, fielen die Erwerbslosen der gemeindlichen Armenfürsorge zur Last.

Die bayerische SPD versuchte deshalb, ab 1908 auf parlamentarischem Weg eine staatlich finanzierte Arbeitslosenversicherung durchzusetzen. Durch die enge Verzahnung von Gewerkschaften und sozialdemokratischer Partei war es möglich, die Bemühungen der sozialdemokratischen Abgeordneten im Bayerischen Landtag durch Petitionen lokaler Arbeiterverbände, wie etwa der vereinigten Gewerkschaften in Rosenheim, zu flankieren.

Letztlich scheiterten die Anstrengungen der SPD am Widerstand der Ersten Kammer des Bayerischen Landtages, der Kammer der Reichsräte. Diese lehnte am 30. April 1914 einen bereits von der Kammer der Abgeordneten angenommenen Gesetzesentwurf zur staatlichen Bezuschussung von Zahlungen an Arbeitslose ab. Die bayerische SPD startete daraufhin eine Kampagne zur Abschaffung der Reichsrätekammer, die erst durch den Ausbruch des Ersten Weltkrieges im August 1914 beendet wurde.

Die Erwerbslosenfürsorge wurde in Bayern wie im ganzen Reich infolge der Revolution 1918 als kommunale Pflichtaufgabe verankert. Mit dem Gesetz über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung vom 16. Juli 1927 wurde schließlich eine staatlich organisierte Arbeitslosenversicherung realisiert und die Reichsanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung eingerichtet.

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