Der unmündige König

Nach dem Tod König Ludwigs II. (1845–1886, König 1864–1886) am 13. Juni 1886 fiel die bayerische Krone an dessen jüngeren Bruder Otto (1848–1916, König 1886–1916). Dieser litt allerdings bereits seit seiner Jugend an einer psychischen Erkrankung und galt als regierungsunfähig. Seit März 1880 bis zu seinem Tod am 11. Oktober 1916 lebte er deshalb, verborgen vor der Öffentlichkeit, in Schloss Fürstenried (seit 1912 zu München gehörig).

Als Regent fungierte ab dem 14. Juni 1886 zunächst Ottos Onkel, Prinzregent Luitpold (1821–1912, Regent 1886–1912). Nach dessen Tod übernahm Luitpolds Sohn Ludwig (1845–1921, Regent 1912–1913, König 1913–1918) die Regentschaft. Erst am 5. November 1913 wurde die Regentschaft durch eine Verfassungsänderung beendet und der bisherige Regent bestieg den Thron als König Ludwig III.

Inwieweit und ob überhaupt während der Regentschaft Verfassungsänderungen möglich waren, wurde von den Verfassungsrechtlern unterschiedlich beurteilt. Zwar wurde eine Reihe von Anpassungen vorgenommen. Tiefgehende Eingriffe in das Staatsgefüge blieben aber aus.

Angesichts der enormen sozialen, politischen und technischen Veränderungen der drei Jahrzehnte um die Jahrhundertwende wirkte sich die lange Regentschaftszeit für die verfassungsrechtliche Entwicklung des Königreichs Bayern ungünstig aus. Vor allem die stark wachsende städtische Arbeiterschaft einerseits, aber auch der emanzipierte bäuerliche Mittelstand andererseits, sahen ihre Interessen in der bayerischen Verfassungswirklichkeit nicht vertreten. Sozialdemokratie und Linksliberale forderten vehement Reformen in Richtung Parlamentarisierung und Demokratisierung.