Von der Ermordung Eisners bis zur „Räterepublik Baiern“
Am 21. Februar 1919 kulminierten die politischen Spannungen in München. Als Ministerpräsident Kurt Eisner (1867-1919) sich auf den Weg zur Eröffnung des neugewählten Landtages machte, wo er nach der verlorenen Wahl zurücktreten wollte, wurde er in der Promenadestraße vom Offizier Anton Graf Arco-Valley (1895-1945) erschossen. Die Nachricht verbreitete sich rasch und veranlasste Alois Lindner (1887-n. 1943), Mitglied des radikalen Revolutionären Arbeiterrates, ein Attentat auf den Innenminister Erhard Auer (1874-1945) zu verüben, den er als Drahtzieher des Mordanschlages auf Eisner ansah. Auer überlebte schwer verletzt. Die Landtagssitzung löste sich auf und einige Minister des Kabinetts Eisner flüchteten aus München.
In diesem Machtvakuum übernahm der aus Vertretern der Spitzengremien der Räte neugebildete Zentralrat die Macht in München und berief einen Kongress der Arbeiter-, Soldaten und Bauernräte ein. Schon von Zeitgenossen wurden die Vorgänge als "Zweite Revolution" angesehen. Auf dem Rätekongress versuchten die radikaleren Kräfte unter den Delegierten die Ausrufung einer Räterepublik nach russischem Vorbild zu erreichen, scheiterten damit aber an der Mehrheit der eher gemäßigten bayerischen Rätevertreter. Auch mit dem anschließend gewählten neuen Regierungskabinett unter Führung von Martin Segitz (1853-1927) konnten sich die Räte nicht durchsetzen, da die Mehrheitssozialdemokraten auf eine vom Landtag gewählte Regierung bestanden.
Der bisherige Kultusminister Johannes Hoffmann (1867-1930) konnte schließlich einen Kompromiss zwischen den Landtagsparteien und den Räten aushandeln und wurde zum neuen Ministerpräsidenten gewählt. Die neue Regierung wurde von einem zu diesem Zweck kurz einberufenen Landtag gewählt und erhielt von diesem weitreichende Vollmachten, bevor sich der Landtag vertagte. Der Rätekongress vertagte sich bereits vorab, aber der Zentralrat durfte Vertreter zu den Kabinettssitzungen entsenden. Hoffmanns entschiedenes Eintreten für eine parlamentarische Demokratie auf der einen Seite und die gleichzeitig weiter radikalisierten Münchner Rätevertreter auf anderen Seite führten schließlich zur Ausrufung der Räterepublik in München und dem Ausweichen der parlamentarischen Regierung nach Bamberg.