Abkommen der Landtagsparteien für umfassende Verfassungsreformen, 2. November 1918 (Münchner Neueste Nachrichten, 3. November 1918)

Mit dem Abkommen der Landtagsparteien vom 2. November 1918 sollten in Bayern umfassende Verfassungsreformen realisiert werden. Die Kammer der Reichsräte sollte erweitert und ihrer Blockademöglichkeit im Gesetzgebungsverfahren entledigt werden. Das Verhältnis- und nicht mehr das Mehrheitswahlrecht sollte künftig bei Landtags-, Distrikts- und Gemeindewahlen angewendet werden. Alle Standesprivilegien sollten überprüft und die einjährige Finanzperiode eingeführt werden. Vor allem aber sollte Bayern in eine parlamentarische Monarchie umgewandelt werden, d.h. die Regierung sollte künftig nicht mehr vom Vertrauen des Monarchen abhängig, sondern dem Parlament verantwortlich sein und sich aus Vertretern der Parteien zusammensetzen.

Verfassungsreformen waren von der SPD im Bayerischen Landtag bereits im September 1917 mit den sogenannten Anträgen Auer-Süßheim angemahnt, von Zentrumspartei und Regierung allerdings ohne weitere Diskussion abgelehnt worden. Erst angesichts der sicheren militärischen Niederlage sah sich die bayerische Regierung zu entsprechenden Maßnahmen gezwungen. Ausschlaggebend hierfür waren die Forderungen des US-Präsidenten Woodrow Wilson (1856-1924), der die Demokratisierung des Deutschen Reiches zur Voraussetzung für Waffenstillstandsverhandlungen gemacht hatte. Auf Reichsebene waren daraufhin bereits bis zum 28. Oktober 1918 entsprechende Reformen umgesetzt worden.

In Bayern konnte die mit dem Abkommen vom 2. November 1918 beschlossene Demokratisierung nicht mehr realisiert werden. Die entsprechenden verfassungsrechtlichen Anpassungen bedurften der Zustimmung des Staatsrats und des Landtags. Am Vorabend der für den 8. November 1918 geplanten Abstimmung in der Kammer der Reichsräte wurden die Reformbemühungen von der Revolution Kurt Eisners (1867-1919) überholt.

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