Protestschreiben der Versammlung der mittelfränkischen Bauernräte gegen das Rätesystem, 4. April 1919

Der Großteil der Räte in Bayern war im Frühjahr 1919 für das System einer Räterepublik nicht zu gewinnen. Lediglich die sich seit Januar 1919 stärker radikalisierenden Räte, vor allem in München, traten für einen Systemwechsel ein. Indessen sprachen sich unter anderem die mittelfränkischen Bauernräte entschieden gegen eine Räterepublik aus. Sie wollten stattdessen eine Weiterentwicklung der Räte zu einer Berufsgruppenvertretung. Besonderes Augenmerk legten sie in ihrem Schreiben auf einen Lösungsvorschlag für die Nahrungsmittelkrise. Mit Pflichtablieferungen von übriggebliebenen Lebensmitteln, einer Beendigung der Kriegswirtschaft und der Bekämpfung des Schleichhandels wollten sie dem Problem begegnen. Außerdem forderten sie eine geregelte Koordination von oben, die Beschaffung von Düngemitteln und Kleidung sowie eine allgemeine Lohnkorrektur.

Die Räte betonten, dass sie weiterhin zum bayerischen Staat stünden. Falls ihre Forderungen aber nicht erfüllt würden, drohten sie mit der Abspaltung Frankens von Bayern.

Den Beschluss fassten die Bauernräte Mittelfrankens auf ihrer Versammlung am 30. März und schickten ihn am 4. April 1919 an den Bayerischen Landtag in München, dessen Eingangsstempel das Datum vom 7. April trägt. Damit war der Beschluss der Bauernräte schon von den Ereignissen überholt worden, da der Zentralrat am selben Tag in München die Räterepublik ausrief.

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