Ausrufung der kommunistischen Räterepublik, 13. April 1919

Während der Kämpfe am 13. April trafen sich Betriebs- und Soldatenräte im Münchner Hofbräuhaus. Zwar hatte die putschende Republikanische Schutztruppe diese Versammlung einberufen, sie konnte sich aber nicht behaupten. Die Kommunisten übernahmen nun die Macht und riefen nach der von ihnen abgelehnten ersten "Scheinräterepublik" eine zweite, aus ihrer Sicht "wirkliche" Räterepublik aus.

In einer an die Arbeiter und Soldaten "von München und ganz Bayern" gerichteten Verlautbarung vom 13./14. April verkündet der neu eingesetzte, fünfköpfige "Vollzugsrat der Betriebs- und Soldatenräte" zunächst den Sieg über die Schutztruppe. Anschließend kritisiert er die erste Räterepublik harsch: Deren Vertreter seien nicht regierungsfähig gewesen, hätten leere Versprechungen gemacht und "gefeiert und geschwätzt". Nun aber sei die Zeit gekommen, mittels der Diktatur des Proletariats den Kapitalismus zu überwinden. Die bisherigen Rätevertreter sollten ersetzt, eine Rote Armee aufgestellt, Lebensmittel beschlagnahmt und gerecht verteilt werden.

Angeführt wurde die kommunistische Räteregierung von zwei Akteuren der KPD, den gebürtigen Russen Eugen Leviné (1883-1919) und Max Levien (1885-1937). Beide Politiker waren bereits während der Räterepublik rassistischen Angriffen ausgesetzt. Tatsächlich war nur Leviné jüdischer Abstammung. Er hatte 1918 in Berlin den linksradikalen Spartakusbund mitgegründet, aus dem 1919 die KPD hervorging. Diese schickte ihn im März 1919 nach München. Am 13. April übernahm er den Vorsitz im Vollzugsrat, dessen fünf Mitglieder zusätzlich einem 15-köpfigen "Aktionsausschuss" angehörten. Damit amtierte er quasi als "Regierungschef" der Räterepublik. Nach deren Niederschlagung wurde er zum Tode verurteilt und im Juni 1919 hingerichtet.

Max Levien hatte schon vor dem Ersten Weltkrieg in München gelebt. Bereits seit November 1918 hatte er als Vorsitzender des Münchner Soldatenrats gegen eine Stabilisierung der politischen Lage unter der Regierung Eisner und für die Installierung eines Rätesystems gearbeitet. Anfang 1919 wurde er zum Vorsitzenden der bayerischen KPD gewählt. Während der zweiten Räterepublik gehörte er ebenfalls dem Vollzugsrat an. Anders als Leviné gelang es Levien, kurz nach seiner Festsetzung im Mai 1919 zu fliehen. 1921 ging er zurück nach Moskau und schlug eine Funktionärs- und Universitätskarriere ein. Im Rahmen der Stalin'schen Verfolgungskampagnen (sog. Große Säuberung) wurde er 1937 ermordet.

Beide Fotos stammen von 1919; die Aufnahmen hatte der polizeiliche Erkennungsdienst nach den Festnahmen Levinés und Leviens gemacht. In den 1920er Jahren wurden die Bilder mehrfach im "Illustrierten Beobachter", einer nationalsozialistischen Wochenschrift, abgedruckt und mit antisemitischen Bildunterschriften versehen. Levinés Porträt hatte bereits Heinrich Hoffmann (1885-1957) in seinem "Photobericht" über die revolutionären Ereignisse 1919 publiziert.