Bildung einer „Roten Armee“, Mitte April 1919

Nach dem Palmsonntagsputsch stellte die kommunistische Räteregierung nach sowjetrussischem Vorbild eine "Rote Armee" in München auf. Geplant hatte dies bereits der Revolutionäre Zentralrat der ersten Räterepublik. Rekrutiert wurden vor allem demobilisierte Soldaten, Mitglieder von Arbeiterwehren und völkerrechtswidrig auch Kriegsgefangene. Die Rote Armee erhielt den Auftrag, die Räterepublik militärisch zu verteidigen. Zum Oberkommandierenden ernannte der Vollzugsrat Rudolf Egelhofer (1886-1919), der im Ersten Weltkrieg als Marinesoldat gedient hatte. Rotarmisten trugen häufig rote Stoffarmbinden. Mit der hier gezeigten, womöglich noch von 1918 stammenden Armbinde wies sich ihr Träger auch als Mitglied eines Soldatenrates aus.

Die Rote Armee verfügte über 9.000 bis 10.000 Mann, die allerdings weder alle zur gleichen Zeit noch fortdauernd bewaffnet werden konnten. Trotzdem verbuchte die Truppe kurz nach ihrer Gründung einen Erfolg, als sie nach Dachau vorgerückte Regierungstruppen am 16. April zurückschlagen konnte. Den Anführern der Roten Armee gelang es anschließend jedoch nicht, die Einheiten zu einem stabilen und schlagkräftigen Verband zu formen.

Berta Kaiser (1875-1962), die vor allem für ihre impressionistisch geprägte Freilichtmalerei bekannt ist, verarbeitete die Motivik der "Roten Armee" künstlerisch. Ihr Gemälde aus dem Jahr 1919 zeigt einen bewaffneten Rotgardisten am Münchner Marienplatz. Im Hintergrund sind die mit roten Flaggen versehenen Türme der Frauenkirche, das Neue Rathaus und die Mariensäule zu sehen. Dadurch, dass der junge Mann ganz allein auf diesem großen Platz dargestellt wird, wirkt er wie ein Fremder in der eigenen Stadt. Womöglich ist dies als Anspielung Kaisers auf das von Katholizismus und Konservativismus geprägte München zu werten, dessen Bevölkerung mehrheitlich gegen die Räterepublik stand.

Zum Digitalisat der Armbinde eines Soldatenrats

Zum Digitalisat des Gemäldes "Rotgardist am Marienplatz" von Berta Kaiser