„Weißer Terror“: Gewalttaten der Regierungstruppen in München, Anfang Mai 1919

Nach der Einnahme Münchens überzogen die Regierungstruppen die Landeshauptstadt bis zum 8. Mai mit einer Welle des Terrors, dem sogenannten "Weißen Terror". Es galten zwar Standrecht und Kriegszustand, dies legitimierte jedoch keinesfalls die Gewalttaten und Morde an völlig Unbeteiligten. Insgesamt fanden etwa 600 bis 1.200 Menschen vom 29. April bis zum 8. Mai den Tod, der Großteil erst in den Tagen nach der Erstürmung Münchens. Darunter befanden sich wahrscheinlich nur knapp 60 Regierungssoldaten.

Professionelle Fotografen dokumentierten das blutige Vorgehen der Regierungstruppen nicht, da sie mit den Militärs sympathisierten und dies aus Propagandagründen auch nicht erwünscht war. Zudem wären derartige Bilder sehr wahrscheinlich auch kaum gekauft worden. Deshalb sind lediglich einige Amateuraufnahmen überliefert.

Heinrich Hoffmann (1885-1957) machte einige Fotos davon, wie Angehörige der "Roten Armee" von Regierungssoldaten oder - wie hier zu sehen - von bewaffneten Bürgern abtransportiert oder abgeführt wurden. Teilweise veröffentlichte er die Aufnahmen anschließend als Postkarte. Damit sollten gleichzeitig der Triumph der "Befreier" und die Demütigung der "Besiegten" demonstriert werden.

Auch Soldaten schossen Fotos, um ihren Erfolg festzuhalten. Ein Beispiel ist diese inszenierte Darstellung der Verhaftung des Eisendrehers Johann Lehner am 3. Mai. Der gänzlich unbeteiligte Lehner wurde für den Kommandanten der Rotgardisten im Luitpoldgymnasium gehalten und kurz nach seiner Festsetzung ermordet. Auch dieses Foto wurde als Postkarte publiziert.

Für besonderes Aufsehen sorgte die Ermordung von 21 Angehörigen des katholischen Gesellenvereins St. Joseph (Kolping-Bewegung) im Münchener Stadtteil Maxvorstadt. Die wahrheitswidrig als Spartakisten denunzierten Gesellen wurden am 6. Mai von Freikorpsangehörigen schwer misshandelt und kurz danach getötet. Die hier gezeigte Gedenkkarte erinnert an die Opfer. Anders als fast alle anderen Gewalttaten der ersten Mai-Tage löste dieser Mord große Empörung aus. Einige der beteiligten Freikorpssoldaten wurden vor Gericht gestellt und verurteilt, die befehlshabenden Offiziere jedoch bewusst verschont.