Friedrich Bodenstedt

Der aus einfachen Verhältnissen stammende Friedrich (Martin) Bodenstedt (1819-1892) studierte nach einer Kaufmannslehre Geschichte und Fremdsprachen an der Universität Göttingen, bevor er ab 1840 als Haus- bzw. Gymnasiallehrer u.a. in Moskau und Tiflis tätig wurde. 1845 kehrte er nach Deutschland zurück, unternahm Reisen nach Italien und in die Schweiz. Er begann eine Redakteurstätigkeit in verschiedenen europäischen Städten (u.a. Triest, Wien, Berlin, Bremen), bis ihn 1854 der Ruf von König Max II. von Bayern (1811-1864) ereilte, der ihn an die Universität München als Honorarprofessor für slawische Philologie (später auch für Altenglisch) berief. Bodenstedt wurde unter dem Vereinsnamen 'Apis' Gründungsmitglied des Münchener Dichterkreises "Krokodile". Von 1867 bis 1869 ging er als Hoftheaterintendant nach Meiningen, wo er den Adelstitel erlangte. Seit 1876 lebte er schließlich als Schriftsteller in Wiesbaden.

Mit seinem literarischen Debüt "Lieder des Mirza Schaffy" (1851), Übersetzungen seines Tifliser Lehrers des Tartarischen Mirza Schaffy Wazeh (1796-1852) nach dem Vorbild von Johann Wolfgang von Goethes (1749-1832) "West-östlichem Divan" (1819), erlangte er Weltruhm, während Bodenstedts sonstige Gedichtsammlungen, dramatische und erzählerische Werke kaum an solche Bedeutung anknüpfen konnten - die "Lieder" waren zugleich eine Reaktion auf die politischen Verhältnisse des Nachmärz. Dafür machte Bodenstedt sich als Übersetzer einen Namen, indem er u.a. Alexander Sergejewitsch Puschkin (1799-1837), Iwan Sergejewitsch Turgenew (1818-1883) und Michail Jurjewitsch Lermontow (1814-1841) neben anderen russischen Dichtern übersetzte, aber auch persische und altenglische Dichtung (u.a. William Shakespeare [1564-1616], John Webster [1579-1634], Christopher Marlowe [1564-1593], Thomas Chatterton [1752-1770]) vielfach als erster übertrug.

Von kulturhistorischer Bedeutung sind seine Reiseberichte "Die Völker des Kaukasus und ihre Freiheitskämpfe gegen die Russen" (1848), "Tausend und ein Tag im Orient" (2 Bde., 1849/50, darin die 1. Fassung der "Lieder des Mirza Schaffy"), "Enthüllungen aus England" (1860) sowie "Vom Atlantischen zum Stillen Ozean" (1882). Bodenstedts "Erinnerungen aus meinem Leben" (2 Bde., 1888-90) sind ein eindrucksvolles Zeitdokument für die Jahre bis 1850.

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