Moritz Carrière

Der aus einer Hugenottenfamilie stammende Moritz Carrière (1817-1895), Sohn eines Rentmeister-Adjunkts und Gutsbesitzers, studierte ab 1835 Philosophie in Gießen, danach in Göttingen und Berlin, wo er 1838 mit der Promotion abschloss. Bereits während seiner Studienzeit hatte er engen Kontakt zu zahlreichen Autoren und Publizisten, u.a. zu Eduard Gans (1797-1839), Karl August Varnhagen von Ense (1785-1858) und Bettina von Arnim (1785-1859). 1842 habilitierte Carriére sich in Gießen, wo er als Privatdozent und späterer außerordentlicher Professor Vorlesungen über Logik, Religionsphilosophie, Allgemeine Kunstgeschichte und Ästhetik hielt. Die Bekanntschaft mit dem Chemiker Justus von Liebig (1803-1873), dessen älteste Tochter er 1853 ehelichte, führte dazu, dass Carrière sich entschloss nach München zu gehen. Dort wurde er Professor für Kunstgeschichte und Sekretär an der Kunstakademie, 1887 sogar Universitätsprofessor für Ästhetik. Seit 1889 gehörte er der Bayerischen Akademie der Wissenschaften an.

Carrière, der als Gründungsmitglied zum engen Kreis der "Krokodile" zählte (Vereinsname: 'Schiff der Wüste'), kann in Fragen der Kunst als der Theoretiker des sog. "Münchner Dichterkreises" gesehen werden. 1854 erschien seine Abhandlung "Das Wesen und die Formen der Poesie", 1859 seine mehrfach aufgelegte zweibändige "Ästhetik". Als Begründer des Idealrealismus und Vertreter des spekulativen Theismus vertrat Carrière philosophische Positionen, die Idealismus und Materialismus miteinander versöhnen und den wissenschaftlichen Bedürfnissen seiner Zeit Rechnung tragen sollten. Der Mensch verstehe seiner Auffassung nach die Welt, "weil Verstand in ihr ist" - entsprechend walten in der Kunst dieselben logischen Gesetze der Identität, des Unterschieds und des Grundes wie in der Welt. Umgekehrt stelle das Kunstwerk als Mikrokosmos das Universum dar und enthülle den "Sinn des Weltganzen". Geschichte falle ebenso "unter den Begriff der Schönheit". Carrières Kunstphilosophie klammerte alles aus, was dem affirmativ Schönen zuwiderlief, und stand damit in Gegensatz zur zeitgleichen "Ästhetik des Häßlichen" (1853) von Karl Rosenkranz (1805-1879).

Zu seinen weiteren Werken zählen u.a. "Vom Geist. Schwert- und Handschlag für Franz Baader" (1841), "Die Kunst im Zusammenhang der Kulturentwicklung und die Ideale der Menschheit" (5 Bde., 1863/74), "Die sittliche Weltordnung" (1877) sowie "Lebenserinnerungen" (bis 1847; 1914 postum erschienen).

Zum Digitalisat

Moritz Carrière: Aesthetik

Wintersemester 1954/55

Nachlass von Karl August von Heigel (1835-1905) - BSB Heigeliana II / 13,21. Karl August von Heigel (1835-1905) Nachlass: Lebensdokumente. Carrière, Moritz: Aesthetik. WS 1854/55. Nachschrift - BSB Heigeliana II 13.21