Literarisches Barock im 17. Jahrhundert
Die um die Mitte des 16. Jahrhunderts beginnende Gegenreformation bewirkt, dass Bayern sich vom protestantischen Norden weitgehend absetzt. Der katholisch-romanische Süden und die von Herzog Albrecht V. (1528-1579) berufenen Jesuiten prägen von nun an den bayerischen Kulturraum. Neben den alten Prälatenklöstern nehmen die nach München und Ingolstadt, Neuburg, Dillingen, Landsberg und Augsburg berufenen Jesuiten eine besondere Stellung ein und entfalten eine hohe literarische Aktivität. Unter ihnen zählt auch der aus Innichen in Südtirol stammende Matthäus Rader (1556-1634), Hofhistoriograph Maximilians I. von Bayern (1573-1651) und Jesuit in München, von dem ein ungewöhnlich ausgedehnter Briefwechsel vorliegt. Lehrer einer ganzen Jesuitengeneration (Jakob Bidermann [1578-1639], Jeremias Drexel [1581-1638], Georg Stengel [1584-1691]), dokumentiert Rader mit seiner Briefsammlung nicht nur den regen intellektuellen Austausch der Jesuiten untereinander, sondern erfüllt auch die ehrgeizigen Ansprüche Maximilians I., eine bewusst katholische Kulturpolitik zu schaffen. Raders Bavaria Sancta, eine lateinische Sammlung von Lebensbeschreibungen bayerischer Heiliger, gibt davon beredtes Zeugnis.
Zur wichtigsten Gattung im barocken Spannungsfeld von Diesseits und Jenseits zum Zwecke religiöser Erschütterung und Bekehrung zählt zweifelsohne das lateinische Jesuitendrama. Wegweisender katholischer Barockdichter in Deutschland ist der aus Augsburg stammende Jeremias Drexel, ein von spanischen Vorbildern geprägter Erfolgsautor in den Zeiten des Dreißigjährigen Krieges (1618-1648). Sein in Ingolstadt 1607/08 entstandenes Barockdrama "Julianus Apostata" handelt von Hochmut und Bestrafung des Menschen durch Gott. Bemerkenswert sind auch Drexels lateinische Traktate, die in allegorischer Einkleidung die Grundthemen christlicher Heilslehre und Laster wie Lüge, Verleumdung und Heuchelei behandeln und infolge von europäischen Übersetzungen weit über Bayern hinausreichen.
Für die Lyrik mag Jacob Balde (1604-1668) der wohl wichtigste lateinische Dichter des bairischen Barock sein. Seine 1643 gedruckten "Sylvarum libri VII", die "sieben Bücher Wälder", enthalten eine Fülle weltlicher und geistlicher Gedichte, teils im Gewand der idyllischen Hirtendichtung. Ab 1637 dichtet Balde in München zahlreiche Oden und Epoden.
Weniger bekannt stattdessen sind die siebenbändigen "Rhitmorum varietas". Typi, exempla, et modulationes rhythmorum (1646-1652) des Seeoner Benediktiners Johannes Werlin (1588-1666). Die systematische Vereinigung metrischer Schemata und Melodietypen mit Beispielen fremder und eigener, meist deutscher Gedichte weltlichen und geistlichen Inhalts ergibt in der Summe eine praktische Poetik des bayerischen Barock. Mit dem Einzug italienischer Dichter um 1650 tritt München als Literaturzentrum immer mehr zurück; die geistliche Gebrauchsliteratur wird fortan von den Prälatenklöstern und Pfarreien auf dem Lande getragen.