Priester Wernher, Driu liet von der maget

Im Auftrag des Priesters Manegold dichtete Priester Wernher 1172 dieses "Marienleben" nach apokryphen, d.h. dem biblischen Kanon nicht zugehörigen, Berichten (Pseudo-Matthäus). Autor und Auftraggeber werden im Augsburger Weltklerus um den Propst und späteren Abt des Benediktinerstifts St. Ulrich und Afra vermutet.

Der insgesamt rund 5900 Verse umfassende Text ist in drei Teile gegliedert, die sich auf die Kirchenfeste Mariä Geburt, Mariä Verkündigung und Weihnachten beziehen. Das erste "liet" (Gedicht bzw. Buch) erzählt dementsprechend die Geschichte der Eltern Marias und ihrer Geburt, das zweite von ihrer Vermählung auf Gottes Geheiß und das dritte von der Geburt Christi, dem Kindermord von Bethlehem, der Flucht nach Ägypten und verschiedenen Episoden aus Jesu Kindheit. In der ersten epischen deutschen Mariendichtung vereinigen sich hymnischer "Marienpreis, Anrufung der Heiligen Jungfrau und Himmelskönigin als Nothelferin und Heilsmittlerin und erbauliche Erzählung bis zum selbständigen Auftreten Jesu als dem Beginn seines Heilswerks" (Dieter Kartschoke).

Die Überlieferung, zwei vollständige Handschriften und fünf Fragmente, belegt die breite Wirkung des Werks, das von Anfang an in mehreren Fassungen existierte. Die vorliegende Handschrift ist ein Fragment und stammt aus dem ausgehenden 13. Jahrhundert.

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