Thomasin von Zerclaere, Der welsche Gast

Das umfangreichste Lehrgedicht des 13. Jahrhunderts (etwa 14800 Reimpaarverse) stammt von dem sich als Besucher aus Italien ("welscher Gast") bezeichnenden Thomasin von Zerclaere (um 1200), der 1215 in Friaul am Hof des Patriarchen von Aquileja, des früheren Passauer Bischofs Wolfger von Erla (um 1140-1280), sein Werk für "vrume rîter, guote vrouwen, wîse phaffen" niederschrieb. In zehn Teile gegliedert, besteht jeder Teil seinerseits aus etwa zehn Kapiteln.

Der erste Teil bringt für die adlige Jugend eine Hofzucht - die erste in deutscher Sprache -, im zweiten Teil beginnt die Tugendlehre mit der über allen Werten stehenden "staete" (Beständigkeit), im siebten Teil kommt eine Wissenschaftslehre ergänzend hinzu, die letzten Teile stehen unter den Begriffen "mâze", "reht" und "milte" und behandeln Aspekte der traditionellen Fürstenlehre. Im achten Teil verteidigt Thomasin die päpstliche Autorität gegen die Polemik Walthers von der Vogelweide (um 1200).

Der Text ist in 24 Handschriften erhalten, die vorliegende wurde von einer einzigen Hand in schwäbischer Sprache in einer Bastardaschrift aufgezeichnet. Fast alle Handschriften waren bebildert, Themen und Platzierung der Bilder festgelegt. Cgm 571 enthält 110 davon. Bezeichnungen und Spruchbänder erläutern die Bedeutung und betonen den belehrenden Charakter der Bilder.

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