Nürnberger Rechenpfennige

Rechenpfennige, im süddeutschen Raum auch als Raitpfennige bezeichnet, wurden beim Rechnen 'auf den Linien' eingesetzt. Zwar wurde dieses, zumeist auf dem Rechentisch ausgeführte Rechenverfahren, bereits im Mittelalter angewendet, die große Zeit der geprägten Rechenhilfsmittel begann jedoch erst im zweiten Viertel des 16. Jahrhunderts mit der Veröffentlichung des Lehrbuchs von Adam Ries (1492‒1559), "Rechnung auff der linihen vnd federn" (Erfurt 1522), das bis ins 17. Jahrhundert mindestens 120-mal neu aufgelegt wurde. Für jede hier beschriebene Rechnungslegung, ob auf dem Rechenbrett, Rechentisch oder Rechentuch ausgeführt, benötigte man Rechenpfennige. Einem Nürnberger Handwerksstand, den Spenglern und Messingschabern, gehörten seit dem 15. Jahrhundert Meister an, die sich auf die Erzeugung von Rechenpfennigen spezialisiert hatten. So nahm Nürnberg vom 16. bis zum 18. Jahrhundert in Mitteleuropa eine Monopolstellung auf dem Gebiet der Produktion und des Vertriebs dieser Gepräge ein. Zu den wichtigsten Familien, deren Mitglieder zum Teil über mehrere Generationen als Rechenpfennigmacher in Nürnberg tätig waren, zählen unter anderen die Familien Krauwinckel, Lauffer und Schultes.

Die Motive reichen von eher einfach gehaltenen Stücken mit (frommen) Sinnsprüchen samt Reichapfel und/oder einem Merkurkopfe bis hin zu politischen Szenen und Anspielungen auf Zeitereignisse. Damit dienten die Rechenpfennige schon bald keineswegs mehr nur als Rechenhilfsmittel, sondern zum Teil auch als Mittel der Propaganda, deren Effektivität durch die hohen Stückzahlen und der weiten Verbreitung der Gepräge noch erhöht wurde. Als Vorbilder für Ihre Motive dienten den Rechenpfennigmachern dabei nicht selten auch die Werke bedeutender Medailleure und Münzstempelschneider. Auch wenn sich im 18. Jahrhundert zunehmend das schriftliche Rechnen durchsetze, das freilich ohne Rechenpfennige auskam, wurden diese noch bis ins 19. Jahrhundert weitergeprägt, in welchem sie aber nur mehr als Spielmarken Verwendung fanden.

Die Staatliche Münzsammlung München besitzt heute mit etwa 10.000 Exemplaren einen sehr umfangreichen Bestand an Rechenpfennigen. Der Schwerpunkt liegt bei den Nürnberger Stücken mit über 5.850 Exemplaren. 1961 konnte der Sammlungsbestand um 6.608 Stück aus dem Vermächtnis von Arthur G. König (1883‒1973) ergänzt werden.

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>> Dieser Bestand ist ein Teil der Sammlung "Münzen, Medaillen und münzähnliche Objekte aus Bayern, Franken, Schwaben und der Pfalz in der Neuzeit" der Staatlichen Münzsammlung München.