Das Limoges-Service der Tucher

Das sogenannte Tucherservice ist eines der bedeutendsten Ensembles an Emaillekunst aus der Werkstatt des Pierre Reymond in Limoges. Es besteht aus acht Gefäßen: einem mit 1558 datierten Becken, einer zugehörigen Kanne – mit 1562 später datiert – sowie aus vier Tazzen (flache Schalen) und zwei Deckelschalen. Letztere tragen wie Kanne und Becken die Signaturen Reymonds. Die Silbermontierungen der Kanne weisen die Marken Wenzel Jamnitzers auf, dem wichtigsten deutschen Goldschmied seiner Zeit.

Das Becken von 1558 und die beiden Deckelgefäße befanden sich 1560 im Hause des Patriziers und höchsten Beamten der Stadt Nürnberg Linhart II. Tuchers (1487–1568). In einem Brief vom 6. September 1560 versichert der Schreib- und Rechenmeister Johann Neudörfer d.Ä. dem Adressat Linhart, er habe nye keine lieblichere stuck gesehen. Danach muss Linhart beschlossen haben, die vorhandenen Stücke zu einem repräsentativen Prunkservice um Kanne und vier Fußschalen ergänzen zu lassen. Einem Brief seines Sohnes Herdegen vom 6. Dezember 1561 ist zu entnehmen, dass dieser den Auftrag für Linhart abwickelte. Dabei wurden die in Nürnberg wohl in der Jamnitzer-Werkstatt vorbereiteten Kupfergefäße in Limoges emailliert. Die Wappen Linharts und die seiner beiden Ehefrauen Magdalena Stromer und Katharina Nützel sind nur auf diesen neuen, 1562 fertiggestellten Teilen angebracht. Becken und Deckelpokale stammten vermutlich aus dem freien Markt.

Alle Teile sind fast gänzlich von feinster Emaillemalerei in Schwarzweiß mit leichter Tönung des Inkarnats und Goldakzenten überzogen. An Ornament herrscht Rollwerk mit Masken und Putten vor, ergänzt durch Ranken und antikisierende Bänder. Herausragend ist der figürliche Dekor nach graphischen Vorlagen. Dabei sind alttestamentarische wie mythologische Darstellungen und Jagdszenen vertreten. So wird auf dem Becken der Sündenfall von Adam und Eva thematisiert, dem die Erzählung "Amor und Psyche" nach den "Metamorphosen" des antiken Schriftstellers Apuleius auf den vier Fußschalen gegenübergestellt wird. Diese andere Art von "Sündenfall" war vom christlichen Autor Fulgentius so gedeutet worden, dass Psyche – gemeint ist die 'Seele' – Bestrafungen als Folge ihrer Begierde erleiden muss, bevor sie im Rat der Götter begnadigt wird. Schließlich darf sie Amor heiraten – mithin wird die Seele mit der göttlichen Liebe vereinigt. Die Hirsch- und Bärenjagd auf der Kanne des Services lässt sich wiederum im christlichen Sinn als Sieg über das Böse interpretieren.

Claudia Däubler-Hauschke, Helge Weingärtner

>> Diese Sammlung ist ein Teil der Kunstsammlung der Familie Tucher von Simmelsdorf der Tucher’schen Kulturstiftung und liegt im Museum Tucherschloss und Hirsvogelsaal.

Nachweis:
Briefe: Stadtarchiv Nürnberg, E 29/IV, 232 und 1629.
Weingärtner, Helge: Das Tucherservice, in: Mitteilungen des Vereins für Geschichte der Stadt Nürnberg 95 (2008), S. 63–92.