Nürnberger Stadtansichten von 1600 bis 1850
Nürnberg, von Beginn an ein Zentrum der Buchdruckkunst, nahm von 1650 bis 1750 einen erneuten Aufschwung als Produktions- und Verlagsort. Auch an der Entstehung des Kunsthandels als Zweig des Buchgewerbes hatte Nürnberg einen entscheidenden Anteil.
Eine prominente Stellung kam als Serien geplanten Ansichten zur Topografie Nürnbergs, der Nachbarstadt Fürth sowie der Altnürnberger Landschaft zu. Die von Christian Gottlieb Müller in seiner einschlägigen, bis zum Jahr 1821 reichenden Bibliografie Verzeichnis von Nürnbergischen Topographisch-Historischen Kupferstichen und Holzschnitten beschriebenen Vedutenfolgen sind in der Stadtbibliothek im Bildungscampus Nürnberg nahezu vollständig vorhanden. In bavarikon werden 70 Titel in 76 Bänden gezeigt.
Infolge der Übernahme mehrerer, an lokalspezifischer Literatur reicher Privatbibliotheken Anfang des 19. Jahrhunderts und im Einklang mit dem damaligen Zeitgeist historischer Rückschau, bildete sich in der Stadtbibliothek der Sammelschwerpunkt Norica – Literatur aus und über Nürnberg – heraus. Im Zuge einer nach 1850 einsetzenden Neuordnung dieser Norica-Sammlungen unterschiedlicher Provenienz wurden gebundene Illustrationsfolgen in der Signaturengruppe Norica Kupfer (Nor. K.) zusammengefasst. Die Aufstellung des Grundstocks im Bestand Nor. K. erfolgte chronologisch aufsteigend nach Entstehungsjahren, spätere Neuerwerbungen wurden nach Zugangsjahren angestellt. Davon unberührt blieben die Ausgaben in den Bibliotheken Stoer-Stier (Stoer.) und Georg Andreas Will (Will.).
Teilweise liegen die Kupferstichfolgen, insbesondere im Nor. K.-Segment, als individuelle Kompilationen des Sammlers vor, meist in Anlehnung an die originalen Verlags- oder vom Künstler selbst vertriebenen Ausgaben. Häufig fehlt das gedruckte oder gestochene Titelblatt, welches z.T. handschriftlich ergänzt oder in auf den Einband montierter Form vorliegt. Mehrfachexemplare, die derselben Ausgabe zugeordnet werden können, variieren oft hinsichtlich der Abfolge der Stiche, der Vollständigkeit, doppelt eingebundener Stiche, Varianten einzelner Blätter durch geringfügige Abwandlungen der Druckplatten, einzelner zusätzlich eingebundener Stiche anderer Ausgaben etc. Ein Spezifikum derartiger Folgen zu einem begrenzten Sujet besteht darin, dass divergierende Ausgaben mitunter identische Stiche enthalten, da die Druckplatten von Künstlern und Verlegern verkauft oder getauscht wurden und oft über viele Jahrzehnte, auch in Form von Nachstichen, erneut Verwendung fanden. In digitaler Form präsentiert wird das jeweils vollständigste und – z.B. wegen einer Kolorierung – attraktivste Exemplar.
Diese Sammlung der Stadtbibliothek bewahrt grundlegende Bildquellen zu Topografie, Architektur und kulturellem Leben der Stadt Nürnberg und ihrer Umgebung. In der Gesamtschau bildet sich ein Kanon charakteristischer Szenerien und Ensembles von meist vor 1650 errichteten Baudenkmälern heraus, die im stilistischen Wandel vom frühen 17. bis zum Beginn des 19. Jahrhunderts, in der persönlichen Handschrift verschiedener Künstler unter Einsatz der jeweils aktuellen Drucktechnik abgebildet, das typisch mittelalterliche Stadtbild Nürnbergs definieren und Veränderungen des Stadtbilds über einen Zeitraum von mehr als 200 Jahren nachzeichnen. Diese Abbildungen sind heute eine Zeitkapsel des "alten Nürnberg", das in der Bombennacht des 2. Januar 1945 irreparabel zerstört wurde.
>> Diese Sammlung ist ein Bestand der Stadtbibliothek Nürnberg.