Tucher und Konsorten: 100 Jahre Porträtfotografie

Das Leben im 21. Jahrhundert ist so stark von Bildern geprägt, wie nie zuvor. Mit den Kameras der Smartphones lassen sich jederzeit Fotografien anfertigen. Dabei sind Porträtfotos allgegenwärtig, jedoch kaum ein modernes Thema, sondern fast so alt wie die Fotografie selbst. Eine Zeitspanne von ungefähr 100 Jahren umfasst die große Sammlung an historischer Porträtfotografie der Nürnberger Familie Tucher, die hier anhand ausgewählter Beispiele vorgestellt wird.

Seit der französische Staat die Fotografie 1839 der Welt zum Geschenk machte, indem er die Rechte am Verfahren von Daguerre und Niépce erwarb und es der Öffentlichkeit zur Verfügung stellte, breitete sie sich rasant aus und wurde bald zu einem bestimmenden Medium. Zunächst waren Formate und Techniken hochindividuell, doch mit dem Aufkommen der Papierfotografie traten bestimmte Spielarten in den Vordergrund. Die Carte de Visite oder Visitenkartenfotografie etwa ermöglichte mittels spezieller Linsen- und Belichtungstechnik ab 1854 kleine günstige Porträtfotografien, die im Familien-, Freundes- und Bekanntenkreis getauscht und verschenkt wurden. Sie stellt einen großen Teil der Sammlung der Freiherrlichen Familie von Tucher dar.

Etwa drei Viertel der Fotografien dieser Sammlung stammen aus dem 19. Jahrhundert. Die Ausprägungen der Fotografie dieser Zeit werden breit abgedeckt und Beispiele für zahlreiche Phänomene geboten.

Die Formate reichen von der Visitenkarte bis zum Großformat. Übermalungen, Retuschen und die Verwendung von Untersatzkartons bilden die technischen Aspekte ab. Betrachtet man den Bildaufbau mit den typischen Requisiten, Kulissen und Posen, sind auch inhaltliche Muster zu erkennen, wobei dennoch Raum für Individualisierung besteht. Diese Vielfalt ist Thema des ersten Teils der Ausstellung.

Der zweite Teil stellt bedeutende Angehörige der ehemaligen Nürnberger Patrizierfamilie Tucher im 19. Jahrhundert vor. Ausgehend von diesen Persönlichkeiten werden Aspekte der Familiengeschichte aufgegriffen und erläutert.

Die Option, alle Objekte als Galerie zu betrachten, bietet überdies eine Möglichkeit, die Muster in der Fotografie des 19. Jahrhunderts mit eigenen Augen zu entdecken und zugleich die Individualität der abgebildeten Personen und ihrer Porträts aufzuspüren.

Lisa Reinhard

Über die Ausstellung

Literaturhinweise