Die Ortsnamen des Regierungsbezirks Schwaben

Im Rahmen des Projekts "Die Ortsnamen des Regierungsbezirks Schwaben" sind 6.028 Namen bestehender Orte, abgegangener Siedlungen (Wüstungen) und in größeren Orten aufgegangener Siedlungen Bayerisch-Schwabens in Namenartikeln erfasst worden. Die einzelnen Artikel wurden bei der Kommission für bayerische Landesgeschichte erstellt, sie sind das Ergebnis der wissenschaftlichen Analyse der Ortsnamen und enthalten:

  • wichtige historische Schreibformen (ca. 8-10 bei seit dem Mittelalter überlieferten Ortsnamen) in chronologischer Reihenfolge
  • die mundartliche Aussprache (als Transkript in Lautschrift und in Form von Audiodateien)
  • die nach den Namenbestandteilen gegliederte Erklärung (erarbeitet unter Berücksichtigung der Erkenntnisse der Historischen Sprachwissenschaft) mit Angabe der ursprünglichen Bedeutung des betreffenden Namens und ggf. mit Kommentaren zur Lokalisierung von Ortsnamenformen sowie zu fraglichen bzw. unzutreffenden Erklärungen
  • Literaturhinweise

Wichtige Grundlagen zur Datengewinnung waren die im Rahmen der Reihe "Historisches Ortsnamenbuch von Bayern (HONB)" bearbeiteten schwäbischen Landkreise und der von Werner König herausgegebene "Sprachatlas von Bayerisch-Schwaben" sowie das "Lexikon schwäbischer Ortsnamen" von Wolf-Armin Frhr. v. Reitzenstein. Die Mundartformen von kompetenten Dialektsprechern wurden als Audioaufnahmen dokumentiert.

Die Ausgestaltung der Landschaft und die Lebensumstände der Bevölkerung spiegeln sich in den Ortsnamen wider. Sie entstammen verschiedenen Sprachen bzw. Kulturkreisen, werden zum Teil über Jahrhunderte hinweg tradiert und unterliegen dabei verschiedensten Einflüssen auf ihr Erscheinungsbild. Als der Identifizierung dienende Spracheinheiten sind sie von größter Relevanz bei der Bestimmung von individueller und kollektiver Identität.

In Bayerisch-Schwaben formieren sich aus namentypologischer Sicht zwei Regionen: Der nördliche Teil ist von einer Vielzahl frühmittelalterlicher Ortsnamen auf ‑ingen (vgl. Dillingen, Nördlingen oder auch den ursprünglichen ‑ing-Namen Schwabmünchen, im 10. Jahrhundert als Mantahinga überliefert) und auf ‑heim (Achsheim, Jedesheim, Sontheim) geprägt. Im Süden Schwabens trifft dies nur für die Flusstäler der Iller und der Günz zu. Ansonsten treten im Allgäu vor allem jüngere, d. h. hoch- und spätmittelalterliche Typen wie die Ortsnamen auf ‑ried (Rodungsnamen wie Altusried, Dietratried) und die genetivischen Ortsnamen (nach dem Muster Adelharz = Genetiv des Personennamens Adelhart) hervor. Für den gesamten Regierungsbezirk ist eine hohe Anzahl von Namen auf ‑hausen und ‑hofen charakteristisch, deren Blütezeit im späteren Frühmittelalter lag, sowie einige Namen, die vordeutschen Schichten zuzuordnen sind und z. T. bis in die Antike zurückreichen. Als Beispiele hierfür seien Kempten (keltisch), Augusta, das Bestimmungswort des Namens Augsburg, und Pfronten (romanisch) genannt.

Die vorgelegten Daten und Befunde können als wichtiger Bestandteil in das Materialkorpus künftiger Projekte zur interdisziplinär konzipierten Erforschung der Siedlungsgeschichte Schwabens eingehen.

Text: Lizenz CC BY-SA 4.0

>> Diese Sammlung ist ein Bestand der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften.