Urbane Musikkultur in oberdeutschen Reichsstädten zwischen 1500 und 1800 – Stadtmusiker (Stadtpfeifer) in Rothenburg o. d. Tauber, Nördlingen und Dinkelsbühl
In den Archiven der drei ehemaligen Reichsstädte Dinkelsbühl, Nördlingen und Rothenburg ob der Tauber haben sich umfangreiche Aktenbestände zu den Stadtmusikern (Stadtpfeifern) erhalten, die bisher zum großen Teil unerforscht blieben. Dabei handelt es sich um Schriftstücke verschiedenster Art: Bewerbungen, Klagen, Berichte, Bettelbriefe usw. In den Schreiben, die in der Regel an den Magistrat der jeweiligen Stadt gerichtet sind, spiegelt sich die ganze Bandbreite an Aufgaben und Problemen, mit denen die städtisch angestellten Musiker in ihrer Zeit konfrontiert waren. Da sich die betreffenden Aktenbestände in den drei Stadtarchiven relativ vollständig und in gutem Zustand erhalten haben, bietet sich hier eine ideale Gelegenheit, den Alltag und das Leben der Musiker im Zeitraum zwischen ca. 1500 und dem Ende der Reichsstädte nach 1800 zu rekonstruieren.
Dabei werden beispielsweise Netzwerke von weitverzweigten Musikerfamilien (Hetsch, Raiger, Klotz) sichtbar, die über viele Jahrzehnte die Musikerszene in dieser Region dominierten. Auch finden sich viele Zeugnisse zu den oft prekären Arbeitsverhältnissen, unter denen die Musiker vor allem während des 30-jährigen Krieges zu leiden hatten. Aufschlussreich sind die Akten außerdem im Hinblick auf die Vielfalt musikalischer Aktivitäten, denn die Stadtmusiker spielten alle mehrere Instrumente und musizierten nicht nur bei städtischen offiziellen Anlässen, sondern auch in den Kirchen, bei Hochzeiten und privaten Feierlichkeiten. Aufgrund der Geschlossenheit und des langen Zeitraums der Dokumentation kann zudem die Entwicklung des städtisch angestellten Musikers vom armen Türmer zum angesehenen Vertreter des städtischen Gemeinwesens nachvollzogen werden.
In einem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Projekt der Universität Augsburg, das an den Lehrstühlen für Musikwissenschaft (Prof. Franz Körndle) sowie für Deutsche Literatur und Sprache des Mittelalters und der Frühen Neuzeit mit dem Schwerpunkt Bayern (Prof. Klaus Wolf) angesiedelt ist, wurde dieser umfangreiche Quellenbestand erstmals erschlossen und wissenschaftlich ausgewertet.
>> Diese Sammlung ist ein Bestand der Professur für Musikwissenschaft an der Universität Augsburg unter Beteiligung der Lehrprofessur für Deutsche Literatur und Sprache in Bayern an der Universität Augsburg, der Universität Augsburg, des Stadtarchiv Nördlingen, des Stadtarchiv Dinkelsbühl, des Stadtarchiv Rothenburg ob der Tauber und des Germanisches Nationalmuseum Nürnberg.