Der weiße Kunigundenmantel

Der weiße Kunigundenmantel (DMB Inv.Nr. 3.3.0002) überrascht mit einer Rückenlänge von 174cm, die eine Körpergröße des den Mantel tragenden Priesters von über 2m voraussetzen würde. Er irritiert auch aufgrund seiner offensichtlich aus verschiedenen Epochen stammenden Elementen und der für Pluviale völlig untypischen, waagrechten Ausrichtung figürlicher Darstellungen auf der Vorderseite. Dieses Erscheinungsbild ist Ergebnis seiner letzten Restaurierung 1956-1962. Ursprünglich zierten die Goldstickereien keinen halbkreisförmigen Mantel, sondern ein rechteckiges Textil aus weißem, byzantinischem Seidengewebe. Die Kaisermotive, die byzantinische und abendländische Elemente kombinieren, und die sehr schlecht erhaltenen Inschriften stammen zeitgleich aus westlicher Herstellung. Das eingestickte "HEINRICI" bestätigt die Verbindung zu Heinrich II. Ob es sich ursprünglich um einen rechteckigen Mantel oder ein Tuch für das Grab des Kaisers handelte, lässt sich nicht mehr verifizieren, da im Verlauf des Mittelalters die Stickereien aus dem originalen Trägergewebe ausgeschnitten und in radialer Anordnung auf ein rotes Gewand übertragen wurden. In dieser Form wird er als roter Kunigundenmantel in den Quellen erwähnt. 1478/1479 ergänzte der Bamberger Sticker Jörg Spiß ein Rückenschild und einen Verschlussriegel. Bei der letzten Restaurierung 1956-1962 wurde dieser Verbund aufgelöst und ein ahistorisches Pluviale gestaltet. Die Einfassung des Rückenschilds mit Fragmenten einer Goldstickerei auf rotem Seidengewebe sowie abgenommene Fragmente, die zusammen mit dem ebenfalls abgenommenen roten Trägergewand des Spätmittelalters separat im Depot des Diözesanmuseums verwahrt werden, lassen sich wohl zu einem roten Rationale rekonstruieren. Der Fund eines Leinengewebes mit Pfauenfedermuster zwischen einem Futter von 1722 und dem abgenommenen spätmittelalterlichen Trägergewand brachte eine bislang nicht erhaltene Mustertechnik ans Licht.

Die Teilsammlung präsentiert die Fülle der Materialien und belegt die Veränderungen des weißen Kunigundenmantels. Jeweils eine Graphik von Vorder- und Rückseite mit der Nomenklatur erleichtert die Orientierung. Eine wiederentdeckte, kolorierte Zeichnung von 1851 dokumentiert den Zustand vor der Restaurierung Mitte des 20. Jahrhunderts und ein Kurzvortrag zum weißen Kunigundenmantel bietet einen Überblick.

Die anderen Teilsammlungen zur Sammlung "Die Bamberger Kaisergewänder" in bavarikon

>> Diese Sammlung ist Teil der Sammlung "Die Bamberger Kaisergewänder" im Bestand der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und des Diözesanmuseum Bamberg unter Beteiligung der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen und der Staatsbibliothek Bamberg.