Das blaue Bamberger Rationale

Ein Rationale ist üblicherweise ein liturgischer, meist bischöflicher Schulterschmuck. Das blaue Bamberger Rationale (DMB Inv.Nr. 3.1.0002) ist das weltweit älteste erhaltene Rationale und war von Beginn an auf einer Glockenkasel angebracht, wodurch der Beginn der Entwicklungsgeschichte dieses Ornatbestandteils ersichtlich wird. Da dem Bamberger Bischof bereits 1053 das ranghöhere Pallium verliehen worden war, konnte das Rationale in Bamberg entgegen den sonstigen Gepflogenheiten vom diensttuenden Priester getragen werden. Das Bamberger Rationale gehört zu den Kaisergewändern, da es wohl eine Stiftung des Kaiserpaars für den ersten Bamberger Bischof Eberhard I. (1007-1040) ist. Die Vorderseite greift das Hohelied auf und zeigt Christus als Frieden bringenden König auf dem Prachtbett Salomos. Drei Wege führen zu ihm: der Märtyrertod, die Nächstenliebe und das bekennende Zeugnis. Die Rückseite als Hauptschauseite thematisiert mit der Darstellung des apokalyptischen Lamms die Endzeitvorstellung nach der Offenbarung des Johannes. Diese Zusammenstellung ist die bildliche Umsetzung von zwei Buchstiftungen Heinrichs II. an den Bamberger Dom: der Bamberger Apokalypse (SBB Msc.Bibl.140) sowie dem Kommentar zum Hohelied (SBB Msc.Bibl.22). Diese Programmkombination hatte eine Vorbildfunktion für spätere Rationale. Eine Zeichnung der Rationalerückenansicht aus der Zeit um 1415/1420 (SBB Msc.Add.3001, Leihgabe der Ernst von Siemens Kunststiftung) zeigt die ursprüngliche Wertschätzung des Rationale und seine Bedeutung in Zeiten von Glaubenskonflikten. 1454-1456 übertrug der Bamberger Sticker Andreas Spiß die Goldstickereien des Bamberger Rationale auf ein neues Gewand aus italienischem Seidendamast. Darüber hinaus sind zahlreiche weitere Reparaturen und seine liturgische Nutzung ist bis in die Mitte des 17. Jahrhunderts belegt.

Die Teilsammlung präsentiert das komplexe Bildprogramm in Detailaufnahmen und dokumentiert die Veränderungen des Rationale. Jeweils eine Graphik von Vorder- und Rückseite mit der Nomenklatur erleichtert die Orientierung. Wiederentdeckte Zeichnungen von 1851 zeigen den Zustand vor der Restaurierung Mitte des 20. Jahrhunderts und ein Kurzvortrag zum Bamberger Rationale bietet einen Überblick.

Die anderen Teilsammlungen zur Sammlung "Die Bamberger Kaisergewänder" in bavarikon

>> Diese Sammlung ist Teil der Sammlung "Die Bamberger Kaisergewänder" im Bestand der Bayerischen Akademie der Wissenschaften und des Diözesanmuseum Bamberg unter Beteiligung der Bayerischen Verwaltung der staatlichen Schlösser, Gärten und Seen und der Staatsbibliothek Bamberg.