Traditionsbücher aus dem Bestand des Bayerischen Hauptstaatsarchivs

Das Traditionsbuch ist neben dem Kopialbuch der älteste Amtsbuchtypus, aus dem viele jüngere Amtsbucharten des Spätmittelalters hervorgegangen sind. Der Begriff Tradition, der dieser Bezeichnung zugrunde liegt, leitet sich ab vom lateinischen Verb tradere, was soviel wie "übergeben, überliefern, überlassen" bedeutet, in der Rechtsgeschichte aber mit "übergeben, übereignen" wiederzugeben ist, und meint deshalb ein ganz bestimmtes Rechtsgeschäft: die Übertragung des Eigentumsrechts an einer bestimmten Sache.

Der Begünstigte, meistens ein Kloster oder Hochstift, erstellt über den Vorgang in der Regel eine kurze Aufzeichnung in objektiver Form zur Beweissicherung, die das typische Formular einer Notitia, einer im Hochmittelalter gebräuchlichen Urkundenform, aufweist, das lediglich aus drei Teilen besteht: der sogenannten Publikatio, also einer Öffentlichkeitsformel, dem Kontext, d.h. dem eigentlichen Rechtsinhalt der Urkunde, und einer Zeugenreihe. Auf die Ausstellung einer Siegelurkunde wird dabei verzichtet. Da in den meisten Fällen im Kontext das Wort tradidit bzw. tradiderunt erscheint, leitet sich davon der Begriff Traditionsnotiz ab.

Traditionsnotizen enthalten in den meisten Fällen keine Datierungen, diese müssen daher im Rahmen einer Edition nach verschiedenen Anhaltspunkten mühsam erschlossen werden.

Wahrscheinlich wurden Traditionsnotizen anfangs auf kleinen Pergamentzetteln oder gruppenweise auf Pergamentblättern aufgezeichnet. So entstand mit der Zeit eine große Menge an Zetteln, die rasch unübersichtlich wurde. Auch konnten Aufzeichnungen verloren gehen, so dass man schließlich die vorhandenen Zettel in ein Buch eintrug, um deren Wortlaut zu sichern. Auf diese Weise bildete sich ein gewisser Grundstock heraus, der am Beginn eines Traditionsbuches an einem einheitlichen Schriftbild gut zu erkennen ist. Später ging man dazu über, die Aufzeichnungen bei Bedarf direkt in das Buch einzutragen, was durch einen häufigen Wechsel der Schreiberhände zu erkennen ist.

Traditionsbücher enthalten in erster Linie Aufzeichnungen von Übereignungen (traditio), entweder von Liegenschaften oder von Personen (Freie und Unfreie), auch Tausch- und Kaufgeschäfte, Belehnungen und Verpfändungen oder Schilderungen von Streitigkeiten und Prozessen sowie historiographische Aufzeichnungen. Denn Traditionsbücher hatten meistens verschiedene Funktionen gleichzeitig zu erfüllen. Sie bilden eine Quellengattung, die fast ausschließlich in Bayern und Österreich vorkommt und ab dem Frühmittelalter bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts geführt wurde.

In der eher quellenarmen Zeit des Früh- und Hochmittelalters überliefern sie den größten Teil des privaturkundlichen Materials und bilden häufig die einzige Quelle für Personen-und Ortsnamen in einer bestimmten Region. Viele Orte werden darin zum ersten Mal überhaupt schriftlich erwähnt.

Die Teilsammlungen der Sammlung "Traditionsbücher aus dem Bestand des Bayerischen Hauptstaatsarchivs" in bavarikon

>> Diese Sammlung ist ein Bestand des Bayerischen Hauptstaatsarchivs und der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns.