Urbare des Herzogtums Bayern

In den hundert Jahren zwischen 1156 (Verselbständigung des Herzogtums Österreich) und 1255 (1. Landesteilung) spielte sich ein entscheidender Umbruch in der Geschichte des bayerischen Herzogtums ab: Das aus dem Zerfall des Karolingerreiches entstandene "jüngere Stammesherzogtum" wurde umgebaut in ein durch Verluste an den Rändern im Osten und Süden verkleinertes, aber in seinen staatlich-administrativen Strukturen wesentlich dichter organisiertes Territorialherzogtum. Gewechselt hat in dieser Zeit auch das Herzogshaus: 1180 traten an die Stelle der Welfen die Wittelsbacher. Mit zu deren Bemühungen um eine festere Organisation ihrer Herrschaft über das Land gehört die erstmalige Anlage eines Urbarbuches in den ersten drei Jahren nach Regierungsantritt des dritten wittelsbachischen Herzogs Otto II. (reg. 1231-1253).

Bei diesem berühmten „Ältesten Herzogsurbar“ zeigen sich aber sogleich Unsicherheiten hinsichtlich der Konzeption dieses neuen Amtsbuchtyps: Von einer Vollständigkeit der Eintragungen wird man nur beim Urbarsgut, d.h. den unter der Grundherrschaft des Herzogs stehenden bäuerlichen Anwesen und Grundstücken, ausgehen dürfen. Zugleich war aber offenbar auch die Erfassung weiterer regelmäßiger Einkünfte angestrebt, etwa solcher aus dem Rechtstitel der Vogtei über Klöster und Kirchen. Mängel in der Organisation der im Aufbau begriffenen Kanzlei, die Weitergabe von Vogteien an Untervögte und die Vielschichtigkeit der Rechtstitel hatten aber zur Folge, dass diesbezüglich Lücken blieben.

Zahlreiche Erweiterungen des Urbarguts, insbesondere mittels des von den wittelsbachischen Herzögen beanspruchten Heimfallsrechts am Gut ausgestorbener bayerischen Grafenhäuser, im Laufe des 13. Jahrhunderts sowie die Landesteilungen von 1255 sowie nach dem Tod Ludwigs des Bayern durch Verträge zwischen dessen sechs Söhnen in den Jahren 1349-1353 zwangen binnen einiger Jahrzehnte jeweils zur Neuanlegung von Urbaren. Dabei ging das Streben nach Exaktheit und Vollständigkeit der Einträge einher mit der Einschränkung auf bestimmte Teilgebiete des Territoriums. Eine strikte Beschränkung auf die Erfassung des Urbarsguts und der daraus fließenden Einnahmen wurde jedoch bis Mitte des 14. Jahrhunderts nicht erreicht. So enthält noch das Urbarbuch Herzogs Albrechts I. von Bayern-Straubing aus der Zeit um 1360 auch Urkundenabschriften, also Einträge, die eher Kopialbuchcharakter haben.

>> Diese Sammlung ist ein Teil der Sammlung "Urbare aus dem Bestand des Bayerischen Hauptstaatsarchivs" im Bestand des Bayerischen Hauptstaatsarchivs und der Generaldirektion der Staatlichen Archive Bayerns.

Literatur:

Nur das älteste Herzogsurbar liegt in einer modernen Edition vor:

  • Ingrid Heeg-Engelhart, Das älteste bayerische Herzogsurbar. Analyse und Edition (Quellen und Erörterungen zur bayerischen Geschichte, Bd. 37), München 1990.

Folgende Urbare liegen in der fehlerhaften Edition der Monumenta Boica, Band 36 von 1862/51 vor:

  • KÄA 4735: MB 36/1, S. 131-335.
  • KÄA 4755: MB 36/1, S. 337-424.
  • KÄA 4745: MB 36/1, S. 427-535.
  • KÄA 4740: MB 36/2, S. 1-212.
  • KÄA 4744/1: MB 36/1, S. 537-650.
  • KÄA 4744/2: MB 36/2, S. 215-356.