Patrizische Wohnkultur und ständische Repräsentation

Das repräsentative Tucher’sche Gartenanwesen ist noch heute ein lebendiges Zeugnis einstiger patrizischer Wohnkultur. Es war Ausdruck der wirtschaftlichen sowie gesellschaftlichen Position des Bauherrn Lorenz II. Tucher (1490–1554).

Im Inneren orientiert sich die "gros stainer[n]e behaussung" am traditionellen Aufbau eines Nürnberger Kaufmannshauses: Die Eingangshalle diente dem Geschäftsverkehr als Durchfahrt zum Hof und Lagerraum. Die Wendeltreppe im Treppenturm verfügte über bequeme Stufen – damals modernster Luxus! Anders als in Frankreich und Italien befanden sich im ersten Stock die privaten Wohnstuben und Kammern. Im zweiten Stock lagen mit "Empfangszimmer" und "Festsaal" die Repräsentationsräume. Alle Räume waren mit Holzvertäfelungen wohnlich ausgestattet.

Zur Wohnkultur der Tucher gehörten repräsentativer Hausrat sowie wertvolle Kunstwerke. Möbel, Tapisserien, Tafelgeschirr, Gemälde und Skulpturen wurden eigens beauftragt, gesammelt und bis ins 20. Jahrhundert dazuerworben.

Kostbare Wirkteppiche wie die in Flandern gefertigten Verdüren mit dem Allianzwappen Tucher-Straub des Erbauer-Paars hingen auf den Wandverkleidungen. Bildnisse machten einen wichtigen Bestandteil der patrizischen Erinnerungskultur aus: Die kleinen wurden in Truhen aufbewahrt, mit den größeren entstand eine "Porträtgalerie". Edles Mobiliar entsprach in Form und Dekor dem jeweiligen Zeitgeist: Ein Truhenschrank mit Renaissanceschmuck sowie intarsierte Truhen, Fassaden- und Kabinettschränke waren Luxusartikel. Kabinettscheiben mit Familienwappen zierten als gläserne Kostbarkeiten die Fenster. Teller aus Majolika und Fayence, Platten und Krüge mit figürlichen Szenen oder Ornamenten dienten mehr als Prunk- denn als Gebrauchsgeschirr.

Ab 1550 verlagerten die Nürnberger Patrizier den Schwerpunkt ihres Lebens: Sie zogen sich nach und nach aus dem Handel zurück und praktizierten auf den Landgütern adelige Lebensformen, wovon ein prunkvolles Jagdgewehr zeugt. Ihre Ansitze, wie den in Simmelsdorf, ließen die Tucher auf exquisiten Pokalen, Bechern und Krügen darstellen.

Ulrike Berninger