KulturErben. Traditionelle Dörrobstherstellung und Baumfelderwirtschaft im Steigerwald

Der unterfränkische Ort Fatschenbrunn im Steigerwald, westlich von Bamberg, ist für seine Dörrobstherstellung bekannt. Über 300 alte Obstbäume mit mehr als 30 Birnensorten liefern die Zutaten für die Dörrbirnen, die Hutzeln. Beim "Därren" in holzbeheizten Öfen werden die Birnen im Ganzen, mit Stumpf und Stiel, getrocknet, was von September bis November erfolgt. Diese Technik macht das Obst besonders haltbar, so dass es lange Zeit ein ideales Exportgut war und etwa als Schiffsproviant diente. Auch der Boden unter den Obstbäumen wird landwirtschaftlich genutzt. Die Verbindung von Landwirtschaft auf dem Boden und Obstgewinnung in den Bäumen, bei der die Flächen also doppelt genutzt werden, heißt Baumfelderwirtschaft. Unter den Obstbäumen (Birne, Apfel, Zwetschge, Kirsche) wird Getreide im Wechsel mit Kartoffeln und Rüben angebaut oder die Flächen dienen als Weiden.
Dieses Wirtschaftssystem in zwei Ebenen verbreitete sich in der Region um Fatschenbrunn etwa seit dem 14. Jahrhundert, als Bamberger Benediktiner des Klosters Michelsberg die Kultivierung von Hangflächen und ehemaligen Weinanbauflächen vorantrieben. Im 18. Jahrhundert praktizierte man die Baumfelderwirtschaft schließlich auch in flachem Gelände. Mit der Technisierung der Landwirtschaft, insbesondere mit der Verwendung großer Maschinen wie zum Beispiel dem Mähbinder, verlor die Baumfelderwirtschaft in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts an Bedeutung. Die Hochzeit der Dörrobstherrstellung war im 19. und in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Als die Baumfelderwirtschaft ihre Bedeutung verlor, ging auch die Produktion der Hutzelbirnen zurück. In Fatschenbrunn, als einem Zentrum der Dörrobstherstellung, zählte man in den Jahren nach 1968 etwa 30 Hutzeldärren (Trocknungs-Öfen) und gegenwärtig existieren im Ort noch zehn Därren. Im Umfeld der Slow-Food-Bewegung gewannen in den letzten Jahren aber auch die Hutzeln wieder an Bedeutung.
In jüngster Zeit wurden in Fatschenbrunn mit dem Gedanken der Nachhaltigkeit 100 Obstbäume aus lokal vorkommenden Sorten neu angepflanzt. Diese teils auch historischen Obstsorten sorgen für ein hohes Maß an Biodiversität. Der "Verein zur Förderung der Fatschenbrunner Hutzeln und Kulturlandschaft" plant darüber hinaus verschiedene Projekte: Unter anderem soll in Fatschenbrunn ein "Hutzel-Informationszentrum" mit Darre, Hofladen, Hofcafé und Seminarräumen für Veranstaltungen entstehen.
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Zur Ausstellungseinheit: KulturErben erneuern
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>> Diese Sammlung ist ein Teil des Bestandes "KulturErben. Das Bayerische Landesverzeichnis des Immateriellen Kulturerbes" des "Instituts für Volkskunde der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften".