Reisewelten

Reisetätigkeit des bayerischen Königs

Anders als viele Fürsten des 19. Jahrhunderts war Ludwig II. kein Reisender. Sieht man von wenigen Ausnahmen ab, hielt er sich größtenteils in Oberbayern auf, vor allem in der (ungeliebten) Residenz in München, in Schloss Berg am Starnberger See und in Hohenschwangau.

Neben verschiedenen kurzen Ausflügen, die ihn von Hohenschwangau aus über die Grenze nach Tirol brachten (wobei insbesondere Burg Fernstein zu nennen ist), unternahm der König lediglich acht größere Reisen ins Ausland.

Nur zwei davon führten ihn in andere deutsche Länder. 1864, kurz nach der Thronbesteigung, reiste Ludwig nach Hessen-Nassau und den Rhein entlang; 1867 besichtigte er, wohl schon im Zusammenhang mit dem Bau von Neuschwanstein, die im Wiederaufbau befindliche Wartburg in Eisenach.

Dreimal reiste König Ludwig in die Schweiz: 1865 besichtigte er, der Friedrich von Schiller und dessen „Wilhelm Tell“ besonders verehrte, die Schauplätze des Stücks in der Innerschweiz. Im Mai 1866, als sich der Deutsche Krieg bereits abzeichnete, reiste Ludwig für mehrere Tage zu Richard Wagner, der sich zu dieser Zeit im Landgut Tribschen bei Luzern aufhielt. Seine letzte Schweizreise erfolgte 1881, als Ludwig, wiederum unter falschen Namen, mit dem jungen Schauspieler Josef Kainz ein weiteres Mal zu den Schauplätzen des "Tell" reiste. Kainz sollte dabei die Texte Schillers für den König vortragen, war aber von den Wünschen Ludwigs überfordert.

Von besonderer Bedeutung sind die drei Frankreichreisen Ludwig II. Im Juli 1867 besuchte er die Pariser Weltausstellung wo er von Kaiser Napoleon III. bevorzugt behandelt wurde; so besichtigte er mit dem Kaiser das von Eugène Viollet-le-Duc wiederaufgebaute Schloss Pierrefonds. Eine weitere Reise erfolgte 1874, wo er neben Fontainbleau und dem Louvre auch Schloss Versailles besichtigte. 1875 reiste er schließlich ein letztes Mal nach Frankreich zu den Schauplätzen von Schillers "Jungfrau von Orleans" in Reims.

Friedrich Röhrer-Ertl

Zum Kapitel: Schwanenwelten