Besuch der „Kaiserkur“ in Bad Kissingen

Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts hatte sich das unterfränkische Städtchen Kissingen zum bedeutendsten Heilbad im Königreich Bayern entwickelt. Mit dem landesweit größten Angebot an Heilmitteln sowie mit jeglichen Annehmlichkeiten versehen, zog es Heilungssuchende und vermögende Gäste aus aller Welt an. Im Sommer 1864 hielten sich unter anderem Kaiser Franz Joseph von Österreich (1830-1892) mit Kaiserin Elisabeth (1837-1898) und Zar Alexander II. von Russland (1818-1881) mit Zarin Maria Alexandrowna in Kissingen (1824-1880) zu Kur auf.

Das Gruppenbild zeigt die gekrönten Häupter auf der Kurpromenade. Gleich nach seiner Thronbesteigung im März 1864 reiste Ludwig II. das erste Mal nach Kissingen. Dort nahm er während des heute als "Kaiserkur" bezeichneten Treffens des russischen Zaren- und österreichischen Kaiserpaares seine Gastgeberrolle als bayerischer König wahr. Eigentlich wollte Ludwig nach wenigen Tagen wieder abreisen, blieb dann aber vier Wochen, weil er die Gesellschaft genoss. Der junge bayerische Regent ist innerhalb der Darstellung ganz links zu sehen, rechts daneben befindet sich die russische Zarin. In einem Schreiben an Ludwig von der Pfordten (1811-1880) äußerte er sich 1865 fasziniert von deren "Glorie der Reinheit". Fasziniert war Ludwig von dem für ihn totalen und als "rein" empfundenen Machtanspruch des russischen Kaisertums im Sinne des Gottesgnadentums.

Rechts neben dem Zaren ist Kaiserin Elisabeth dargestellt. Ludwig brachte ihr eine überschwängliche Verehrung entgegen. Das Verhältnis wurde von seiner acht Jahre älteren Cousine jedoch eher ambivalent wahrgenommen. Einerseits fühlte sie sich ihm wesensgleich (beide verband die Vorliebe für das Schöne, für alles Mystische und die tiefe Abneigung gegen höfische Repräsentationspflichten), andererseits gefielen ihr einige seiner Charakterzüge nicht.

Julia Misamer