Pläne für ein Münchner Festspielhaus

Richard Wagner und Ludwig II. hatten am 7. Oktober 1864 die vom König finanzierte Vollendung des "Ring des Nibelungen" verabredet, ein Projekt, das als Gesamtkunstwerk auch einen eigenen Aufführungsrahmen verlangte. Wagner selbst hatte dazu im bereits 1862 veröffentlichten Libretto ein temporäres Holzgebäude vorgesehen, ein Plan, der freilich der Vorstellungswelt Ludwigs nicht entsprechen konnte.

Für die Planung des Festspielhauses schlug Wagner den ihm noch aus seiner Dresdener Zeit bekannten Architekten Gottfried Semper (1803-1879) vor. Dieser legte zunächst Pläne für ein provisorisches Theatergebäude vor, das im Glaspalast in München eingerichtet werden sollte. Aus dieser noch relativ einfachen Architektur entwickelte sich 1865 der Plan zu einer repräsentativen Prachtstraße, als deren Blickpunkt ein nun steinernes Festspielhaus auf dem Isarhochufer errichtet werden sollte. Der von Wagner geforderte Innenraum in Form eines ranglosen Amphitheaters sollte dabei von prächtiger Architektur eingerahmt werden. Nach Widerstand aus Königsfamilie, Regierung und Bürgertum scheiterte das Projekt bis 1868. Während Ludwig II. diese Niederlage mit Bitterkeit aufnahm, kam sie Wagner wohl entgegen.

Das schließlich 1872-1876 in Bayreuth errichtete Festspielhaus behält zwar die Grundplanung des Semperschen Theaterbaus bei, reduziert ihn aber auf das für Wagner Wesentliche. Lediglich der 1882 für Ludwig II. errichtete Königsbau ist noch ein Zugeständnis des Gesamtkunstwerks an seinen Förderer.

Friedrich Röhrer-Ertl