Diskussionen über den Aufenthalt Wagners in der Residenzstadt

Während seiner gesamten Zeit in München (1864-1865) blieb Richard Wagner ein Außenseiter in der konservativen Hof- und Stadtgesellschaft – eine Position, die er selbst durch sein Auftreten noch verstärkte.

Projekte wie die teure Uraufführung der zuvor in Wien gescheiterten Oper "Tristan und Isolde" (10. Juni 1865), das Festspielhaus auf dem Isarhochufer, dazu die in der Öffentlichkeit wohl wahrgenommene Dreiecksbeziehung Wagners mit Cosima, der Frau seines Gefährten Hans von Bülow, vor allem aber allgemein der große Einfluss, den Wagner auf den jungen König hatte oder zu haben schien – dies alles weckte den Widerstand gegen den Komponisten. Schnell sprach man von Wagner als "Lolus" König Ludwigs in Erinnerung an Lola Montez, die 1848 König Ludwig I. (1786-1868) den Thron gekostet hatte. Cosima von Bülow galt als "Brieftaube Madame Hans".

In den Münchener Zeitungen wie dem Satireblatt "Punsch" erschienen Polemiken und Karikaturen auf Wagner. Aber erst als Wagner versuchte, bei Ludwig II. die Entlassungen des königlichen Ministers Ludwig von der Pfordten und des Kabinettsekretärs Franz Seraph von Pfistermeister zu erreichen, wurde er untragbar. Im Dezember 1865 musste Wagner München verlassen.

Die hier ausgewählten Karikaturen stehen für Anfangs- und Endpunkt Wagners in München – der stolze Eisläufer Wagner einerseits, der sehenden Auges auf das Eisloch der "Ungnade" zuläuft; andererseits der fliehende "Reisende" Wagner, der weiterhin mit der Finanzierung durch den König gut leben kann.

Friedrich Röhrer-Ertl