Sozialreformen unter Chlodwig Karl von Hohenlohe-Schillingsfürst

Ende 1866 wurde Chlodwig Karl von Hohenlohe-Schillingsfürst (1819-1901) zum Vorsitzenden im Ministerrat und Minister des Äußeren und königlichen Hauses ernannt. Mit dem kleindeutsch- und liberalgesinnten fränkischen Standesherren sollte ein Kurswechsel in der bayerischen Politik vollzogen werden, der nach der Niederlage im Krieg von 1866 dringend von allen Seiten gefordert wurde.

Die nötigen innenpolitischen Reformen, die 1868/69 durch die Regierung erlassen wurden, beendeten die Restriktionen in der Sozial- und Wirtschaftsgesetzgebung, die seit den 1830er Jahren bestanden hatten. Damals nahm man auf das von Abstiegsängsten geplagte Bürgertum Rücksicht und schaffte die zuvor bereits eingeführte Gewerbefreiheit wieder ab. Obwohl sich damit ein starker Anstieg der Armut und Bevölkerungswachstum nicht verhindern ließ und man die industrielle Entwicklung gegenüber den anderen deutschen Staaten erheblich ausbremste, behielt man die Gesetze bis in die 1860er Jahre bei. Mit dem Gewerbegesetz von 1868 wurde schließlich die volle Gewerbefreiheit in Bayern eingeführt. Jedem Erwerbstätigen war es nun erlaubt, ein Gewerbe an einem Standort seiner Wahl nachzugehen, ohne dafür (von wenigen Ausnahmen abgesehen) eine staatliche Konzession zu benötigen. Die Handwerksbetriebe gerieten durch die nun stärker voranschreitende Industrialisierung unter Druck. 1897 wurde die Gewerbefreiheit daher reichsweit gesetzlich wieder eingeschränkt.

Stefan Schnupp

Gesetz, das Gewerbswesen in Bayern betreffend, vom 30. Januar 1868 : mit Anmerkungen und einem ausführlichen Sachregister / [1]

(1868)
  • Würzburg