Neues Schloss Herrenchiemsee: Spiegelgalerie

Wie das Paradeschlafzimmer ließ Ludwig II. die Versailler Spiegelgalerie zunächst 1873 in einer seiner Separatvorstellungen auf der Bühne des Münchener Hoftheaters von dem Bühnenmaler Christian Jank (1833-1888) darstellen. Für die 1879 -1881 nach Plänen und unter Leitung Georg Dollmanns (1830-1895) ausgeführte Galerie von Herrenchiemsee verlangte der König eine maßstabsgetreue Kopie. Mit dem architektonischen Aufbau wurde auch das umfangreiche Bildprogramm des Tonnengewölbes aus Versailles übernommen, Darstellungen der Taten König Ludwigs XIV. (1638-1715), in denen sich die Geschichte Frankreichs vom Pyrenäischen Frieden (1659) bis zum Frieden von Nymwegen (1678) widerspiegelt.

Dagegen wurde das in Versailles nur gemalte Deckenornament hier in massigem, vergoldetem Stuck ausgeführt, wobei nach barocker bayerischer Tradition Figuren in den Gemälden stellenweise in die Plastik des Stucks übergehen. Ludwig II. ließ auch die in Versailles längst verlorene historische Ausstattung dieser Galerie mit größtem, übertreffendem Aufwand nachschöpfen: Nachbildungen antiker Skulpturen, Imperatorenbüsten, die silbern gefassten Ziervasen und die vergoldeten Vasen für Orangenbäume in den Fensternischen, 44 Kandelaber und 33 Lüster. Gerade auch die Beleuchtungskörper sind ungleich größer als ihre historischen Vorbilder und haben diesen verspiegelten Saal mit über 2000 Kerzen in strahlendes Licht getaucht, wenn Ludwig II. nachts allein seinen "Tempel des Ruhmes Ludwigs XIV." aufsuchte.

Uwe Gerd Schatz