Byzantinischer Palast

1869 ließ sich Ludwig II. von Hofarchitekt Georg Dollmann (1830-1895) ein erstes Projekt zu einem byzantinischen Palast entwerfen. In der selben Zeit ließ er sich auch sehr umfangreiche und minuziöse Exzerpte über das Zeremoniell am Kaiserhof von Byzanz schreiben.

Der Architekt hatte sich nach zwei Beschreibungen des Kaiserpalastes von Byzanz zu richten, die der Bauherr im zusandte: Joseph von Hammer (1774-1856), Constantinopolis und der Bosporus <…>, Pest 1822 und J. H. Krause (1800-1882), Die Byzantiner des Mittelalters in ihrem Haus-, Hof- und Privatleben <…>, Halle 1869.

Das Projekt von Dollmanns Nachfolger Hofmann von 1885 zeigt die gleichen Gebäudeteile und Räume des Vorbildes aus Byzanz und sollte auch in derselben Gegend, im Graswangtal nahe Schloss Linderhof, errichtet werden. Stilistisch hat sich Hofmann eng an historischen Architekturen von Byzanz orientiert. Am 23.8.1885 sandte er Ludwig II. seine Entwürfe mit einer Beschreibung: <…> Die Seiten-Ansicht zeigt links den großen Thurm, an welchem sich das Herrenhaus mit dem Triclinium anschließt, dann die Kirche, und im Hintergrunde den Thronsaalbau <…>.

Die Anlage wirkt festungsartig und monumental. Die Kirche rechts lässt in ihrer harten, kristallinen Struktur bereits an Architekturen des Neoklassizismus nach 1900 denken. Die seit 1885 massive persönliche Finanzkrise Ludwigs II. machte die Ausführung dieses Projektes unmöglich, das wie kein anderes den politischen Anspruch dieses Königs auf den deutschen Kaiserthron verdeutlicht.

Uwe Gerd Schatz