Leere Kassen am bayerischen Hofe

In einem Schreiben vom Januar 1886 fordert der Innenminister Maximilian Freiherrn von Feilitzsch (1843-1913) die sofortige Einstellung der Bautätigkeiten an den geplanten Schlössern. Ludwig II. antwortet darauf mit drastischen Worten:

"Das Allerärgste aber wäre es und diesem vorzubeugen lege ich Ihnen ganz besonders dringend an das Herz, wenn nicht einmal die Summe aufgetrieben würde, die nöthig ist, um das Vergreifen an meinem Eigenthum zu verhüten; denn würde dies nicht verhütet, so würde mich dies dermaßen empören, daß ich entweder mich tödten, oder jedenfalls das schändliche Land, in welchem dieses Schauderhafte geschah, sofort und für immer verlassen würde. Diesem vorzubeugen, muß doch treuen Unterthanen gelingen. Seit der beklagenswerthe Zustand der Kabinettskasse herbeigeführt wurde und die Stockung bei meinen Bauten, an welchen mir so unendlich viel gelegen ist, eingetreten ist, ist mir die Hauptlebensfreude genommen, alles Andere ist gegen dieses verschwindend."

Im Frühjahr 1886 waren die königlichen Kassen erschöpft, so dass Handwerker und Künstler auf den Baustellen nicht mehr bezahlt werden konnten. Die ersten von ihnen begannen, Klage einzureichen. Da ein Baustopp für Ludwig nicht in Frage kam, versuchte er nun alles, um an Geld zu kommen. Nachdem Bemühungen, an Kredite zu kommen, gescheitert waren, wandte sich Ludwig nach einer Anregung Bismarcks an den bayerischen Landtag. Das Kalkül war, dass es bei Anwesenheit des Königs niemand wagen würde, seine Wünsche abzulehnen.

Ludwig vermied es jedoch, persönlich nach München zu kommen, um mit seinen Ministern oder den Abgeordneten direkt zu sprechen. Auch wollte er sich auf keine Bedingungen einlassen. So beriet der Landtag am 30. April hinter verschlossenen Türen – und lehnte Kredite für den König ab.

Im Anschluss wandten sich die königlichen Minister am 5. Mai mit dem hier vorliegenden Dokument direkt an den König. Schonungslos wird darin dargestellt, dass eine Kreditvorlage im Landtag keine Chancen habe und aufgrund der Leere der königlichen Kassen und der anstehenden Klagen der Gläubiger der königliche Konkurs unmittelbar bevorstehen. Nach einem Exkurs über Ludwigs sparsamen Vater fordern die Minister Ludwig auf, seine Bauten und die Separatvorstellungen einzustellen und seine Ausgaben radikal zu kürzen, bis seine Schulden getilgt seien. Darüber hinaus solle er sich künftig vermehrt in München seinen Pflichten als König widmen und die Reitersoldaten aus seiner Umgebung entfernen. Die Minister nahmen damit direkten Bezug auf die angeblich homosexuelle Entourage des Königs.

Friedrich Röhrer-Ertl / Julia Misamer