„Fangkommission“ und Abreise nach Schloss Berg

Nach der Festsetzung der ersten Delegation war sich Ludwig bewusst, dass ihm das Ende seiner Regentschaft drohte. Seinen Flügeladjutanten, Alfred von Dürckheim-Montmartin (1850-1912), schickte er nach Hohenschwangau und Reutte, um per Telegramm Hilferufe auszusenden, unter anderem an Bismarck. Dieser riet ihm, nach München zu reisen und sich dem Volk zu zeigen. Ludwig schien zu diesem Zeitpunkt innerlich resigniert zu haben. Paranoide Ängste und Selbstmordgedanken lähmten ihn.

Der Bericht des Oberregierungsrates Josef von Kopplstätter (1832-1924) zeichnet die folgenden Ereignisse nach. In der Nacht auf den 12. Juni traf Kopplstätter als Teil der zweiten "Fangkommission" unter der Leitung Bernhard von Guddens in Neuschwanstein ein. Hier wurde die Gruppe von Ludwigs Kammerdiener empfangen. Er berichtete, der König wolle sich vom Schlossturm stürzen. Die Kommission eilte daraufhin in die königliche Wohnung, wo sie Ludwig in seinem Schlafzimmer antrafen. Gudden eröffnete ihm dort: "Majestät, es ist die traurigste Aufgabe meines Lebens, die ich übernommen habe; Majestät sind von vier Irrenärzten begutachtet worden, und nach deren Ausspruch hat Prinz Luitpold die Regentschaft übernommen. Ich habe den Befehl, Majestät nach Schloss Berg zu begleiten, und zwar noch in dieser Nacht."

Gegen vier Uhr morgens verabschiedete sich Ludwig II. von seinen Dienern. Gemeinsam mit der "Fangkommission" machte er sich auf den Weg nach Berg.

Friedrich Röhrer-Ertl