Programm der Leichenfeier

Seit der Förderung der Marienverehrung in Bayern unter Kurfürst Maximilian I. (1573-1651) wurde es üblich, dass die Herzen der regierenden Fürsten Bayerns, aber auch anderer Mitglieder des Hauses Wittelsbach, in der Gnadenkapelle Altötting beigesetzt wurden. Die ersten Bestattungen dieser Art waren das Herz von Maximilians Ehefrau Elisabeth Renata von Lothringen (1574-1635) sowie als besonderer Ehrenbeweis das Herz des Generals Johann t’Serklaes von Tilly (1559-1632).

Auch für das Herz König Ludwig II. war wohl von Anfang an eine Beisetzung in Altötting vorgesehen. Das am 15. Juni 1886 bei der Autopsie entnommene Herz Ludwig II. wurde zunächst in einem Glasgefäß in der Hofkapelle der Residenz verwahrt, während nach einem Entwurf des Direktors der Nürnberger Kunstgewerbeschule, Franz Brochier (1852-1926) von Eduard Wollenweber (1822-1889) die silberne Herzurne angefertigt wurde. Die Wahl war wohl auch deswegen auf Brochier gefallen, weil dieser bereits zu Lebzeiten Ludwigs mit zahlreichen Entwürfen an der Ausstattung der königlichen Bauprojekte, vor allem in Linderhof und Herrenchiemsee, beteiligt gewesen war. Die von ihm entworfene teilvergoldete Herzurne zitiert vor allem barocke französische Vorbilder.

Am 16. August 1886 wurde das Herz, das nun in einem Zinngefäß und der Urne eingesetzt war, vom Münchener Ostbahnhof aus nach Neuötting und von dort zur Gnadenkapelle in Altötting verbracht, wo es noch heute in einer Nische mit den Herzen der anderen bayerischen Könige ruht.

Friedrich Röhrer-Ertl