Ludwig II. als Romanheld

Einen Monat nach seinem Tod wird Ludwig II. Zentralfigur in Karl Mays (1842-1912) Kolportageroman "Der Weg zum Glück – Höchst interessante Begebenheiten aus dem Leben und Wirken des Königs Ludwig II. von Baiern". In 108 Lieferungen konnten die Leser ab Juli 1886 in die Schicksale zahlreicher Figuren eintauchen.

Die Handlung spielt größtenteils in den Grenzregionen Bayerns. Der König tritt im Roman inkognito als "Herr Ludwig" auf: "Er war von sehr hoher, kräftiger, imposanter Figur. Sein Gesicht hatte einen edlen, vornehmen, durchgeistigten Ausdruck. Die Züge waren bedeutend. Das Auge zeigte bei aller Schärfe etwas Weiches, Unbestimmbares, fast möchte man sagen, Mystisches. Der Eindruck der ganzen Persönlichkeit und des von einem wohlgepflegten Barte gezierten Gesichtes war ein Ehrerbietung erweckender."

Zu Beginn des Romans wird Ludwig von einem Bären überrascht und im letzten Moment vom Krikelanton gerettet. Zusammen mit der Murenleni ist dieser die eigentliche Hauptfigur. Beide verfügen über wunderbare Naturstimmen; durch die Förderung des Königs werden sie zu Sängern.

Ludwig II. wird von May als tiefsinnig und menschenscheu beschreiben. Er tut sich schwer, das Schlechte im Menschen zu akzeptieren. Gleichzeitig ist er ein Freund der einfachen Leute und fördert alle Künste. Am Ende stirbt er in "angeblich geistiger Umnachtung" im Starnberger See.

Mays Bayern und ihr Dialekt wirken auf heutige Leser eher komisch; seinerzeit war der Roman aber ein Erfolg.

Friedrich Röhrer-Ertl / Julia Misamer