Zeitgenössische Instrumente 1500-1800

Alle Fotografien sowie die zugehörigen Texte wurden freundlicherweise vom Germanischen Nationalmuseum Nürnberg (Dr. Frank Bär) zur Verfügung gestellt.

Schnitzer Posaune

Dieses Instrument galt lange Zeit als älteste Posaune in Museumsbesitz. Als ein Produkt des legendären Nürnberger Blechblasinstrumentenbaus der Renaissance- und Barockzeit war es eine Ikone der europäischen Instrumentenfertigung. Dazu trägt auch der auf dem Stürzenkranz gravierte Name des Erbauers, Erasmus Schnitzer (gest. 1566) bei. Er entstammte einer Familie, deren Mitglieder im 16. Jahrhundert hochqualitativen Blech- und Holzblasinstrumentenbau betrieben.

Neuere Forschungen haben allerdings ergeben, dass diese Posaune aus mehreren nicht zusammengehörigen Teilen – die allerdings von Nürnberger Instrumentenbauern stammen – zusammengesetzt wurde. Das kann durchaus im 19. Jahrhundert im Museum geschehen sein, doch ist nicht auszuschließen, dass die Posaune ihre heutige Gestalt mehreren Reparaturen im 17. Jahrhundert verdankt: Einige der heute noch zu identifizierenden Arbeiten erfordern Kenntnisse im professionellen Instrumentenbau, die über ein bloßes Zusammenstecken verschiedener Teile hinausgehen.

1859 vermerkt das Zugangsregister des Germanischen Nationalmuseums den Ankauf eines größeren Konvoluts veralteter Musikinstrumente von der Nürnberger Protestantischen Vermögensverwaltung – unter ihnen höchstwahrscheinlich diese Posaune. Viel spricht also dafür, dass sie ursprünglich in der Nürnberger Kirche St. Sebald für die liturgische Musik verwendet worden war, und dies wiederum wäre eine Erklärung für zumindest in Teilen zeitgenössische Reparaturen.

Tenorkrummhorn

Das Krummhorn ist mit seiner Spazierstockform eines der auffälligsten Blasinstrumente des 16. Jahrhunderts. Hergestellt wurde es, indem ein der Länge nach durchbohrtes, dann rund gedrechseltes Stück Holz unter Einwirkung von Feuchtigkeit langsam gebogen wurde. Der schnarrende Klang des einem Fagottmundstück ähnlichen, doppelten Rohrblatts, das unter einer Kapsel mit einem Anblaseschlitz verborgen ist, sollte durch die Biegung in Richtung von Zuhörern und Mitspielern gerichtet werden.

Aufgrund der aufwendigen Fertigung waren Krummhörner teure und seltene Instrumente, deren Herstellung nur wenige Meister beherrschten, zum Beispiel Jörg Wier in Memmingen. Mitunter wurden sie aber auch, wie dieses Krummhorn, importiert. Der Name des Meisters, dessen Marke an eine Narrenkappe erinnert, ist unbekannt. Das Musikkonservatorium in Verona, die Accademia Filarmonica, besitzt mehrere Krummhörner mit derselben Marke, die vor 1544 wohl in Venedig, einem bedeutenden Zentrum des Instrumentenbaus, erworben wurden.

Die Metallklappe für den kleinen Finger ist durch eine Kapsel vor Beschädigung geschützt und auf eine bei späteren Instrumenten nicht mehr verwendete Weise konstruiert. Wahrscheinlich handelt es sich deshalb um eines der ältesten erhaltenen Krummhörner überhaupt. 1856 wurde es erstmals in den Sammlungen des Germanischen Nationalmuseums erwähnt und stammt deshalb wohl aus den Beständen des Museumsgründers Hans Freiherr von und zu Aufseß (1801-1872).

Dulzian

Die Konstruktionsidee des Dulzians ist es, ein tief klingendes und damit akustisch sehr langes Holzblasinstrument gewissermaßen durch Zusammenfalten zu verkürzen. Dafür bohrte man in ein Holzstück mit ovalem Querschnitt zwei parallele Kanäle, die an einem Ende miteinander verbunden wurden. Angeblasen wird der Dulzian wie das Fagott mit einem doppelten Rohrblatt, das über ein gebogenes Messingrohr an den Instrumentenkörper angeschlossen wird.

Die Halbierung der Baulänge macht den recht kräftig klingenden Dulzian transportabel, etwa für Umzüge oder Prozessionen der Stadtpfeifereien. Außerdem wurden auf der Rückseite des Instruments noch Löcher für die beiden Daumen gebohrt, die in eine der beiden Röhren münden und besonders tiefe Töne spielbar machen. Auf der Rohrmündung sitzt eine abnehmbare, durchlöcherte Kappe. Dadurch wird der Klang etwas intimer und runder, was dieses auch als "gedackt" bezeichnete Instrument für Musik in der Kirche geeigneter machte.

Der Hersteller ist kein geringerer als Johann Christoph Denner (1655-1707), den man als "Stradivari des Holzblasinstrumentenbaus" im frühen 18. Jahrhundert bezeichnen könnte. Er baute alle gebräuchlichen Arten von Holzblasinstrumenten. Sein Dulzian ist eines seiner letzten Werke, das noch der Renaissancetradition verpflichtet ist, bevor das Fagott seinen Siegeszug für das tiefe Holzblasregister antrat.

Fagott

Der Schöpfer dieses Fagotts, Johann Heinrich Eichentopf (1678-1769), zählt zu den bekanntesten Holzblasinstrumentenmachern in der bedeutenden Messe- und Handelsstadt Leipzig. Sein Name ist eng verbunden mit Johann Sebastian Bach (1685-1750), der ihn unter anderem zum Bau einer Oboe da caccia, einer tiefen, gebogenen Oboe, inspiriert haben soll.

Über das Vorleben dieses Fagotts ist nichts überliefert, außer dass es wohl vor 1878 ins Germanische Nationalmuseum gelangte. Auch wenn heute nur zwei Fagotte aus der Hand Eichentopfs bekannt sind, lässt sich so leider ein Gebrauch in der Leipziger Thomaskirche unter der Leitung Bachs nicht belegen.

Beim Fagott trafen zwei Entwicklungen im Instrumentenbau zusammen, zum einen die Bauweise von Holzblasinstrumenten aus mehreren, zusammengesteckten Einzelteilen, wie sie im Frankreich der 1660er Jahre entstanden war; zum anderen die aus dem 16. Jahrhundert stammende Idee, eine lange, gerade Röhre bautechnisch "zusammenzufalten", wie sie etwa beim Dulzian, dem einteiligen Vorläufer des Fagotts, verwirklicht wurde.

Die Herstellung aus mehreren Teilen erlaubte eine präzisere Fertigung des gesamten Instruments und die Verlängerung der aufsteigenden Hälfte der Röhre, wodurch ein Ton in der Tiefe hinzugewonnen wurde. Damit war das Fagott bestens gerüstet für die Anforderungen der Generalbasslinie in der Barockmusik, aber auch für virtuoses Solospiel.

Altpommer

Dieser Pommer – eine kräftig klingende Schalmei, die vor allem für die Freiluftmusik eingesetzt wurde – stammt wahrscheinlich von einem Nürnberger Stadtpfeifer. 1522 kamen drei Brüder der weitverzweigten Familie Schnitzer aus München nach Nürnberg. Sie agierten nicht nur als Musiker, sondern auch als Instrumentenbauer, wie das im Kreis der Stadtpfeifer nicht selten der Fall war. Die Schnitzers stellten nicht nur die gebräuchlichsten Holz-, sondern auch Blechblasinstrumente wie Trompeten und Posaunen her. Der wahrscheinlichste Kandidat für den Bau dieses Instrument ist Mathes Schnitzer.

Es handelt sich um einen Altpommer. Im 16. Jahrhundert wurden die meisten Instrumente in mehreren Größen gebaut, um dem aus mehreren Stimmlagen bestehenden Vokalchor zu entsprechen und ihn zu begleiten. Der Altpommer ist das zweittiefste Instrument des auch als "Familie" bezeichneten Instrumentenchors.

Im Gegensatz zur Schalmei, dem höchsten Familienmitglied, besitzt es eine Klappe für den kleinen Finger der weiter unten greifenden Hand. Diese Klappe ist hier nicht erhalten. Sie lag ursprünglich unter der tonnenförmigen, durchlöcherten Schutzhülse, der sogenannten Fontanelle, aus der Griff der Messingklappe nach oben herausragte. Die tief klingenden Familienmitglieder der Pommer konnten eine Länge von fast drei Metern erreichen. Zeitgenössische Illustrationen zeigen deshalb, dass Schalmei und Pommer bei Festumzügen und Prozessionen gemeinsam mit den besser transportablen Dulzianen gespielt wurden.

Krummer Zink

Bei kaum einem anderen Musikinstrument trifft eine prinzipiell einfache Konstruktion so auf schwierige Spielbarkeit und gleichzeitig größte Ausdruckskraft wie bei den Zinken. Die wohl durch ein Tierhorn inspirierte Form kann nicht auf einer Drechselbank hergestellt werden. Deshalb werden aus einem Holzbrett zwei Halbschalen geschnitzt, die zusammengeleimt und mit einer Lederumwicklung abgedichtet werden.

Die nach unten hin schnell sich konisch öffnende Innenbohrung macht eine stabile Tonhaltung schwierig, und die insgesamt sieben Grifflöcher, darunter eines auf der Rückseite für den Daumen, sind nicht nach rein akustischen Erkenntnissen platziert. Angeblasen wird der Zink mittels eines relativ kleinen – hier nicht im Original erhaltenen – Kesselmundstücks, wie es für Blechblasinstrumente typisch ist.

Der Spieler muss die verschiedenen Töne deshalb in erster Linie mit der Spannung seiner Lippen erzeugen. Die Schallröhre unterstützt ihn dabei und ist vor allem für den Klang verantwortlich. Die Anstrengung und lange Lehrzeit eines Zinkenisten wird dafür mit einer außerordentlichen musikalischen Qualität belohnt. So verglich der französische Gelehrte Marin Mersenne 1636 den Klang des Zinken mit dem Glanz eines Sonnenstrahls, der in Schatten und Finsternis aufscheint, wenn man ihn unter den Gesangsstimmen in Kathedralen und Kapellen vernimmt. Im 17. Jahrhundert wurde er aufgrund seiner großen Wendigkeit zu einem ernsthaften Konkurrenten der Violine.

Serpent

Der Serpent vertritt die tiefste Lage der Zinken, einer Gruppe von Holzblasinstrumenten mit Grifflöchern, die über ein trompetenartiges Mundstück angeblasen werden. Kleinere Zinken sind sichelförmig gebogen. Dabei sind sie wohl von der Form von Tierhörnern inspiriert. Die Biegung dient vor allem aber dazu, das Greifen mit den Fingern zu erleichtern.

Beim Serpent mit einer Rohrlänge von über zwei Metern wurde es nötig, die Röhre gleich mehrfach zu biegen, um die sechs Grifflöcher in zwei Gruppen an Stellen anzubringen, die der Spieler bequem erreichen könnte. Das entspricht nicht mehr physikalischen Vorgaben, und so liegt die Hauptverantwortung für den richtigen Ton bei den Lippen des Spielers, der in ein Mundstück ähnlich dem der Posaune bläst, das wiederum über ein Messingrohr mit dem Instrumentenkörper verbunden ist.

Ähnlich aufwendig wie das Spiel ist die Herstellung dieses Instruments: Mehrere aus Holz geschnitzte Halbschalen werden aneinander geleimt, bis die endgültige Form erreicht ist, und dann zur Abdichtung mit einer Lederschicht umwickelt.

Erfunden wurde der Serpent wohl zu Beginn des 17. Jahrhunderts in Frankreich und kam erst Mitte des 18. Jahrhunderts nach Deutschland. Sein Einsatzgebiet lag zunächst in der Begleitung des einstimmigen Kirchengesangs. Der volle Klang des transportablen Bassinstruments wurde bald vom Militär entdeckt, und im 19. Jahrhundert fand es, mit Klappen versehen, auch Eingang in die Oper.

Klarinette

Nach aktuellem Kenntnisstand wurde die Klarinette gegen 1700 von Johann Christoph Denner (1655–1707) in Nürnberg erfunden. Leider ist keines dieser Instrumente von seiner Hand erhalten. Deshalb gehört diese Klarinette aus der Werkstatt seines Sohnes Jacob gemeinsam mit zwei anderen Exemplaren zu den ältesten Klarinetten der Welt.

Sie stammt aus einem Konvolut von veralteten Musikinstrumenten, das das Germanische Nationalmuseum 1859 von der Protestantischen Vermögensverwaltung in Nürnberg ankaufte. Möglicherweise ist sie in einem Rechnungsbeleg der Stadt Nürnberg erwähnt, die 1711 zwei Klarinetten von Jacob Denner für die Verwendung in der Frauenkirche ankaufte. Auf eine Verwendung in der städtischen Kirchenmusik deutet jedenfalls die Kürze des Instruments und der dadurch bedingte hohe Stimmton hin, wie er in Kirchen üblich war.

Ein weiteres Indiz auf kirchlichen Gebrauch ist auch die musikalische Verwendung in der Frühzeit. Wird die barocke Klarinette im oberen Register gespielt, ähnelt der Klang dem einer Barocktrompete, von der sie auch ihren Namen hat: "Clarinetto" ist ein Kunstwort, entstanden aus der verkleinernden Bezeichnung für das hohe, virtuose Trompetenregister, "Clarino".

Zusätzlich verstärkt wird dieser Klangeffekt durch die Tatsache, dass das erhaltene Mundstück mit dem Rest eines wohl originalen Rohrblatts mit der Rohrblattseite zum Gaumen des Spielers und nicht, wie heute, zur Zunge hin im Mund gehalten wird, worauf eine Markierung auf dem Mundstück hinweist.

Klangbeispiele